Die Welt wird smarter, schneller – irgendwie auch kleiner und trotzdem unerreichbar. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass Reiseberichte und -dokus immer beliebter werden. Felix Starck lieferte mit seiner XXL-Radtour „Pedal the World“, einen der erfolgreichsten deutschen Dokumentarfilme der letzten Jahre ab. Mit „Expedition Happiness“ tauschen Starck und seine Freundin das Fahrrad gegen einen umgebauten Schulbus. Herausgekommen ist ein Feelgood-Movie - so leicht verdaulich, dass ihm hier und da einfach der Biss fehlt.
Nach „Pedal the World“: Was bisher geschah
Laut der offiziellen Website zum Erstlingswerk „Pedal the World“ kostet eine DVD zum Film rund 20 Euro, der Download knapp 13 Euro. Im Übrigen ein stolzer Preis, für ein Film, den Starck auf künstlerischer Ebene selbst als „Schrott“ bezeichnet und der, mit 720p-Auflösung, auch den technischen Mindestanforderung an das Medium, gepflegt ins Knie tritt. Im Talk mit Markus Lanz ist die Rede von 300.000 verkauften Einheiten, dazu 250.000 Kinozuschauer. Rechne rechne: Ja, mit einem Erlös zwischen vier und sechs Millionen Euro lässt es sich auch ohne festen Job erst einmal bequem leben. Das hat Starck mit seiner Freundin, Sängerin Selima 'Mogli' Taibi auch gemacht. Solange bis es in Berlin zu langweilig wurde. Das Fernweh wurde mit einer neuen Reise beantwortet: Expedition Happiness. In elf Monaten ging es mit einem umgebauten Schulbus von Alaska bis Mexiko. Auf dem gleichnamigen YouTube-Kanal blieben die Fans via Vlogs auf dem Laufenden.
Trailer zum Film "Expedition Happiness"
Quelle: YouTube / Felix Starck
Von Alaska bis Mexiko – aber nicht nach Magdeburg
Die Auswertung von „Expedition Happiness“ findet erneut in Selbstorganisation statt. Vor dem offiziellen Kinostart am 4. Mai tingelten Starck und Taibi deutschlandweit durch die Kinos und präsentierten den Film persönlich. Am 30. April steht Magdeburg auf dem Plan: Film-Premiere, Photocall und Interview mit dem Stadtmagazin DATEs. Kurz vor Beginn der Veranstaltung vermeldet Starck in der Facebook-Veranstaltung zum Termin: „[...] Reifenplatzer in der Nähe von Bernburg auf der A14. Wir warten auf den ADAC! Hoffentlich schaffen wir es rechtzeitig!!! Wenn nicht, entschuldigen wir uns jetzt schon und lassen uns als Entschädigung was einfallen!!! [...]“
Starck wird später nicht mehr auftauchen. Ein Interview bleibt aus. Déjà-vu: Auch bei der Präsentation zum ersten Film, musste Felix Starck leider kurzfristig absagen. Den Film selbst, bekommt das Publikum natürlich trotzdem zu sehen.
Expedition Happiness: Rudi – A Dog's Tale
„Das ist das Kino der neuen Generation“, steht auf der offiziellen Film/Facebook-Seite zu Expedition Happiness. Man könnte dieser vollmundigen Ansage, jetzt kokett mit „Oberflächlich und wenig informativ?“ begegnen, aber das wäre eine vorschnelle Trotzreaktion des Rezensenten.
Felix Starck und Mogli haben schließlich keine investigative Doku über mexikanische Drogenbarone versprochen, über Amerikas Einreisepolitik oder gar die Probleme, die ein Berner Sennenhund so haben kann. Trotzdem findet sich alles davon im fertigen Film wieder. Wobei der Vierbeiner nicht nur heimlich der Star des Films ist. Er dient ganz offensichtlich und auffällig oft als Story-Katalysator. Vom Erbrochenen bis zu seinen Blutwerten lernt der Zuschauer „Toni“ in- und auswendig kennen.
Im direkten Vergleich dazu, schaffen die beiden menschlichen Protagonisten es – ganz die neue Kinogeneration YouTube – viel zu erzählen, ohne wirklich viel zu sagen. Locker von der Leber weg, wird über Taccos geredet, Rudis Stuhlgang, Tiger in zu engen Käfigen und plötzlich bemerkt Selima aus dem Off, dass man jetzt seit sieben Monaten unterwegs sei. Kennengelernt haben wir das sympathische Pärchen noch nicht. Ganz im Sinne leichter Unterhaltung oszillieren Felix und Selima zwischen Begeisterung über die schöne Landschaft und Problemen, die überwiegend aus dem Luxus mangelnden Vorbereitung resultieren.
Expedition Happiness: The New Music Video By Mogli
„Kriegt man den Soundtrack irgendwo?“, war die erste Frage, die durch den Saal nuschelte. Und das ist bezeichnend. Vorweg: Der Soundtrack zum Film heißt „Wanderer“, erscheint zeitgleich zum Film und ist Moglis zweites Album. Und obwohl Musik Geschmackssache ist, lässt sich der Alternative/Indie-Musik eine begeisterungsfähige Hörbarkeit attestieren. In Konsequenz dient der Film über weite Strecken als Vehikel für die Songs. Romantische Bilder von Sonnenuntergängen, Drohnenaufnahmen von Wasserfällen, Felix und Selima schauen verträumt in die Linse – mit einem Dokumentarfilm hat das beileibe nichts zu tun. Aber so ist es eben, dieses Kino der neuen Generation: frei vom Zwang etwas erzählen zu müssen, dabei aber stylisch anzusehen und so luftig locker, dass es definitiv niemandem unangenehm wird.
90 Minuten Wohlfühlbilder, inklusive Naturpanorama, Hundeblicke und einem Schulbus-Loft, dass mühelos dem Vergleich mit einem Ikea-Katalog standhalten kann – das alles liefert „Expedition Happiness“ und findet damit sicherlich spielend seinen Platz in der Kinolandschaft.