© Andreas Lander
Ratskeller
Ratskeller Magdeburg: Gutbürgerliche Einrichtung, von der Rückwand des Gewölbekellers grüßt Alt-OB Otto von Guericke
Jeder Quadratmeter hier unten atmet Geschichte. Hinten im Bischofssaal wurde 1325 Erzbischof Burchard III. von aufgebrachten Bürgern erschlagen, und in den vorderen Gewölben, die das Inferno vom 10. Mai 1631 unbeschadet überstanden, siedelte im selben Jahr eine erste notdürftige Gastwirtschaft. 385 Jahre ist das her. Auch nach dem 2. Weltkrieg ging hier schnell wieder der Betrieb los. Nur nach der Wende gab es zwei Jahre Leerstand, seit 1993 war es durchgehend vom gleichen Pächter betrieben. Über die Bedingungen für eine Verlängerung des Vertrages konnte er sich aber zuletzt mit der Stadt nicht einigen und kündigte. Vor allem die Nebenkosten des Objekts sind erdrückend. Allein die Lüftungsanlage, um das historische Mauerwerk vor Feuchtigkeitsschäden zu bewahren, verschlingt 70.000 Euro im Jahr. Auf die Forderung nach vermindertem Mietzins ging die städtische KGM nicht ein „Das wäre dann ein Subventionsgeschäft für die Stadt geworden. Das dürfen wir nicht“, sagt KGM-Betriebsleiter Heinz Ulrich. Seine KGM schrieb das Objekt neu aus. Aber andere Gastronomen zeigten kaum Interesse, kein einziges ernsthaftes Angebot wurde abgegeben. Für Nachverhandlungen mit dem Pächter sah man keinen Anlass, so ist das Lokal seit 17. Januar geschlossen. Fragt sich nur, wer jetzt die Lüftungskosten bezahlt?
Braucht man überhaupt einen Ratskeller? Tatsächlich sind sie so etwas wie Teil des kulturellen Vermächtnisses einer Stadt, das es zu bewahren gälte. Er müßte Mittelpunkt der Stadt sein – wie in München – ein Treffpunkt für Ratsherren, Bürger und Touris. Aber das war er in Magdeburg in den letzten Jahren zunehmend nicht mehr. Aber es ist nicht der erste Ratskeller, der schließt, auch Braunschweig hat seit 2012 keinen mehr. Aber dort hat man wenigstens eine intakte Altstadt, während Magdeburg seine historischen Häuser zählen kann. Aktuell läuft eine neue Auschreibung der KGM „in einer renommierten Hotel- und Gastronomiezeitung“, auf dass da ein Investor von außen käme. Eine halbe Million Euro, so Branchenexperten, kostet so ein gastronomischer Neustart, wenn das Inventar samt Lampen und Klobecken erst einmal ausgebaut ist. Bis Ende April bleibt es im Haus, ehe es verwertet wird. Erworben hat es der Buckauer Gastronom Marcel Guderjahn, selbst auch im Stadtrat. Aber Guderjahn ist aus Patriotismus eher an einem Weiterbetrieb interessiert. Und er ist längst selbst auf Investorensuche gegangen. „Ich bin mit einem bodenständigen Magdeburger Unternehmen im Gespräch, das das Objekt fortführen könnte“, sagt er. Noch sind die Tage des Ratskellers also nicht gezählt, aber die Zeit läuft.
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