Bizets Carmen, wörtlich übersetzt „Liedgesang“, „Zauberdichtung“ oder „Orakelspruch“, verspricht unbändige Lebenslust und schockierenden Realismus. Beides machte die Oper bald nach der Uraufführung zu einer der meistgespielten Opern weltweit und die Titelfigur zum Prototyp der Femme fatale, die ohne Rücksicht auf Verluste sagt, was sie denkt, tut, was sie für richtig hält, von zu vielen Versprechungen nichts wissen will – und dafür schließlich vor aller Augen von ihrem Liebhaber ermordet wird. Unverhohlen stellte Bizet die Leidenschaften seiner Figuren jenseits der Welt des schönen und glänzenden Scheins auf die Bühne und schuf damit einen Mythos der halbschattigen Welt von Arbeiterinnen, Schmuggler:innen und Stierkämpfern.
Verpackt in leidenschaftliche, von spanischen Tänzen inspirierte Musik stellen sich Fragen nach der Verbindlichkeit von Liebe, den Folgen von Abhängigkeit oder dem tatsächlichen Preis einer vermeintlich freien Entscheidung. In der Neuinszenierung der Oper findet Generalintendant Julien Chavaz moderne Antworten, die zeigen, dass Carmen auch ein Stück des 21. Jahrhunderts ist. Ab Februar 2025 folgen tänzerische Perspektiven im Ballettabend von Jörg Mannes und Jeroen Verbruggen.