Als Ronald M. Schernikau "Kleinstadtnovelle" schrieb, war er 19 Jahre alt. Er bezeichnete den Text, in dem „viel Rache steckt“, als Versuch, sich „zu wehren“: gegen das (Schul-)System, scheinheilige Moral, Arbeitsethos, Schwulenhass; gegen Kapitalismus, Neoliberalismus und vieles mehr. Sein Text ist eine literarische Sensation, eine, wie es im Klappentext des Buches heißt, „präzise und vielschichtige Analyse der ausweglosen Situation Jugendlicher in einer Gesellschaft, die nur auf Anpassung und Stillstand, nicht auf Veränderung und Fortschreiten gerichtet ist.“ Wie das gesamte Werk Schernikaus ist Kleinstadtnovelle eine radikale Zuwendung zur Freiheit. 45 Jahre nach der Veröffentlichung seines Debüts, dessen formale wie inhaltliche Aktualität verblüfft, gilt Schernikaus Werk als Weltliteratur.
Ronald M. Schernikau (*1960 in Magdeburg) flüchtete 1966 mit seiner Mutter in den Westen. 1986 ging er zurück in die DDR, studierte in Leipzig und nahm 1989 die Staatsbürgerschaft der DDR an. Er starb 1991 mit 31 Jahren an den Folgen einer HIV-Infektion.
Florian Fischer (* in Altötting) setzt nach Georg Kaisers Gas seine Beschäftigung mit Magdeburger Autor:innen fort. Er inszeniert u. a. am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, dem Schauspielhaus Bochum, den Münchner Kammerspielen und dem Deutschen Theater Berlin.