© Hecht
Nurdin Hecht
Nurdin Hecht ist ein großgewachsener Mann mit typischer Metal-Frisur und, so sagt er selbst, einem losen Mundwerk. Doch an diesem Abend, die Kunstwerkstatt füllt sich immer mehr, steht er aufgeregt, fast ein wenig schüchtern hinter seinem Mikrofonständer. „Seit einigen Jahren habe ich das Glück, Nurdin als meinen Freund bezeichnen zu können. Als ich 2021 zu der Band dazugestoßen bin, merkte ich aber auch schnell: er ist ein sehr tiefgründiger Mensch, den viel beschäftigt.“ Mit diesen Worten eröffnete Paul, Drummer von „Voltage101“, vergangene Woche die Vernissage seines Bandkollegen und Sängers Nurdin Hecht. Dass dieser sich viele Gedanken über alle möglichen Themen macht zeigt auch seine Ausstellung „brachial, aber zärtlich“. Man sieht um die 30 Gemälde und unter jedem hängt der Songtext, nach welchem er es angefertigt hat. Es sind die Unzulänglichkeiten des Lebens, die Dämonen, mit denen alle zu kämpfen haben, oder auch die großen Probleme der Erde, welche sich in den Kunstwerken wiederfinden. Die Vernissage haben Paul und Nurdin musikalisch untermalt. Mit Akustikgitarre und Cajon kannte man den Sound der Metalband auch noch nicht.
„Wenn er heute hier wäre, würde er sich sicher freuen,“ erzählt Nurdin über seinen verstorbenen Vater. Das Gemälde „Life was to short“ verarbeitet das Thema Sterben. Es zeigt auf einer Seite den Tod, auf der anderen das Leben. Eine funktionierende Uhr verbindet beide Seiten miteinander. Sie ist in vier Phasen des Lebens eingeteilt: Kindheit, Jugend, Erwachsensein und Alter. Der Sekundenzeiger steht für den Tod, der einen in jedem Moment erwischen könnte.
Kunst ist Familiensache: Ganz vorne in der ersten Reihe stehen Nurdins Frau und die beiden Kinder. Sie sind aber nicht nur treue Fans. Zwei separate Bilder seines Sohnes hängen ebenfalls an den Wänden.
Nach Pauls kurzer Eröffnungsrede sagt Nurdin noch ein Paar Worte zum Rahmenvertrag Sachsen-Anhalts zur „Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen“. Zum Ende des Jahres läuft dieser Vertrag aus und wird gekündigt. Die resultierenden Kürzungen und Sparmaßnahmen betreffen auch Nurdins Arbeitsplatz, die Behindertenhilfe. Dieser Tage wollte er einen Sport- und Pädagogikraum für seine Klienten einrichten, inklusive einer Dartscheibe, Tischtennisplatte, Werkbank etc. Dies wäre nun eigentlich nicht mehr möglich, doch er will einen Teil des Geldes, welches er mit dem Verkauf seiner Gemälde verdient, dafür aufbringen. Noch bis zum 15. November kann man die Ausstellung in der Kunstwerkstatt besuchen.
Im Mai diesen Jahres hatte die Metalband „Voltage101“ ihr Debüt-Album neu vertont rausgebracht. „Die erste Version haben wir professionell in einem Studio produziert. Jetzt haben wir alles selbst gemacht und sind deutlich zufriedener“, freut sich Nurdin. So ist aus dem Song „Save Myself“ ein 10-Minuten-Brett, mit Piano-Intro und langer Steigerung geworden.
Die vielen Liedtexte an den Wänden der Kunstwerkstatt verraten, dass Nurdin mit "Voltage101" noch einiges an Material in der Hinterhand hat. Aktuell arbeiten sie nicht an einem, sondern an zwei neuen LPs. Für eine Platte gibt es schlicht zu viele Lieder. Drummer Paul gibt noch einen kleinen Spoiler: „Die Alben werden jeweils ein Hauptthema haben.“ Was Metal aus Magdeburg angeht, könnte 2025 also ein spannendes Jahr werden.