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Thomas Wischnewski und Ronald Floum im kompakt Medienzentrum
Nur die bis zum Boden reichende Fensterscheibe trennt die Schreibtische von den vorbeilaufenden Menschen in der Fußgängerzone des Breiten Wegs. Wenn man hier sitzt, bekommt man leicht das Gefühl, ganz nah dran zu sein: an den Menschen, am wirklichen Leben, an der Stadt. Als Thomas Wischnewski und Ronald Floum im Sommer 2020 ihr Medienzentrum im Nordabschnitt eröffneten, war das mit der Ambition verbunden, „künftig mehr Bewegtbild zu produzieren.“
Die Überlegungen für einen regionalen Fernsehsender hatten sie da schon im Kopf. So verfügten sie hier über genug Platz, um eine Bühne mit Zuschauerraum zu installieren, Erweiterungen für zusätzliche Räume inklusive. Aber es war irgendwie die falsche Zeit für große Ideen, über das Land rollte gerade die Corona-Welle, der erste Lockdown legte alles lahm. Also haben sie vor allem Filme im Auftrag Dritter gemacht und auf der Bühne eigene Formate wie den „Kompakt Salon“ oder die Late Night Show „Noahmt“ mit den Hengstmann-Brüdern realisiert. „Das war für uns ein schöner Lernprozess“, sagen sie rückblickend.
Journalistisch kommen beide aus dem Printbereich, haben jeweils jahrzehntelang Wochenzeitungen gemacht, Wischnewski hat auch als Pressesprecher und für überregionale Nachrichtenagenturen gearbeitet, dazu kennen beide Magdeburg und die Region „wie aus der Westentasche“, sind bestens vernetzt.
Ihr „Kompakt TV“ soll im besten Sinn Regionalfernsehen sein, aber natürlich keins mit linearem Programm. Das ist in der Umsetzung viel zu personalaufwändig, viel zu teuer: „Es wird kein Sendeschema geben, kein festes Korsett“. Eher verstehen sie es als „eine Art Überraschungsfernsehen, eine Fläche für viele“. Kern soll die tägliche Nachrichtensendung „kompaktuell“ sein. So handhaben das auch andere Regionalsender. Das feste Nachrichtengesicht wollen sie dagegen vermeiden. Den Gedanken auf die Spitze treibend, heißt ihr Konzept „jeden Tag ein anderes Gesicht“, übersetzt: die Nachrichten verliest jeden Tag ein anderer der 240.000 Magdebürger. Das kann auch ein Straßenbahnfahrer sein oder die Frau aus dem Beautysalon um die Ecke. Klingt verrückt, ist aber genau überlegt: „Auf diese Weise mulitiplizieren wir Aufmerksamkeit, so wird es ein echtes Bürgerfernsehen.“ Zum Konzept gehört auch, dass jeder Tagessprecher kurz vorgestellt wird.
Zwei feste Gesichter soll es dennoch geben: Stephan Michme kehrt nach seinem Ende beim MDR gleich mit zwei charismatischen Formaten zurück: der Sporttalk „Sportklops mit Senf“ und fröhlich Gereimtes in „Straßenköterpoet“. Und der renommierte Neurobiologe Prof. Gerald Wolf bringt sein „Hirngeschnetzeltes“ ein. Ansonsten heißt ihre Strategie vor allem Kooperation mit Einrichtungen wie dem Gröninger Bad, dem Theater oder dem Zoo, um viele Akteure mit ins Boot zu holen: „Es soll eine Fläche für viele sein.“
Die Sendelizenz bei der Landesrundfunkanstalt ist längst beantragt, der eigentlich für den Frühherbst vorgesehene Sendestart hat sich mit den aufwallenden Unsicherheiten dieses Sommers und den damit verbundenen Preisspiralen auf Ende des Jahres geschoben.