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© Dirk Wandel
Dommuseum Ottonianum
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© Ribbert-Saalmann
Domseite
Hell erleuchtet und sorgsam restauriert steht sie in diesen Tagen da, die alte Reichsbank vor den mächtigen, über 100 Meter hohen Westtürmen des Doms. Das Signum des ersten Ottonenkaisers als Logo des neuen Dommuseums leuchtet stolz von der Fassade, als wäre das Haus nie für einen anderen Zweck erbaut worden. Dabei passiert es nicht so oft, dass in einer Stadt wie Magdeburg heutzutage ein großes Museum eröffnet, noch dazu eines von dieser Bedeutung für Stadt und Region. Aber der Reihe nach …
Lieblingspfalz und Brautgeschenk
Wer den alten Reichsbankbau umrundet, wandelt auf historischem Boden. Über 1000 Jahre ist es her, dass Kaiser Otto der Große wenige Meter von hier entfernt eine seiner Pfalzen errichtete. Seine Absicht, die Slawen jenseits der Elbe zu christianisieren, untermauerte er, indem er nach seinem phänomenalen Sieg über das ungarische Reiterheer 955 gerade hier, an der östlichsten Grenze des Frankenreiches, einen ersten mächtigen ottonischen Dom bauen ließ und beim Papst durchsetzte, dass „seine Stadt“ Mittelpunkt eines neuen Erzbistums wurde. So trug er entscheidend dazu bei, dass die kleine Grenzburg zu einer bedeutenden Stadt des Mittelalters aufstieg. Mit seiner Entscheidung, sich im Magdeburger Dom auch begraben zu lassen, gab er dieser Entwicklung auch über seinen Tod hinaus Schwung. Heute ist es das einzige Kaisergrab in Sachsen-Anhalt und eines von nur 12 im mittelalterlichen Deutschland.
Königin der Herzen
Das Wissen der Magdeburger um die große Bedeutung ihrer Stadt als europäisches Machtzentrum des Hochmittelalters hat sich in den letzten 25 Jahren stetig entwickelt. Spätestens mit den drei ab 2001 im Kulturhistorischen Museum gezeigten Großausstellungen zu Kaiser Otto I. (912–973) und den Ottonen sind sich die Magdeburger der großartigen Geschichte ihrer Stadt beständig mehr bewusst geworden. Es löste eine regelrechte Kaiser-Otto-Mania aus, die, wenn man so will, in der Ottostadt-Kampagne gipfelte – Wir sind Otto! Dieses Bewusstsein ließ auch die über 15 Jahre laufende archäologische Grabungskampagne in und um den Dom wachsen, bei der immer wieder europaweit beachtete, archäologische Funde gemacht wurden. Kein Wunder, dass der Ende 2008 entdeckte Sarg der Königin Editha und seine allzu heimliche Verbringung durch die Landesarchäologen damals erst eine regelrechte staatspolitische Krise zwischen Magdeburg und Halle auslöste und anschließend eine überbordende Identifikation mit der charismatischen „Königin der Herzen“.
Konzept Dommuseum
Auch wenn es einen spektakulären Domschatz wie in Halberstadt nicht mehr gibt, so riefen die Vielzahl der Funde doch danach, sie im Rahmen eines Dommuseums sichtbar zu machen. Auf ca. 650 qm Ausstellungsfläche werden drei Themenkomplexe des europäischen Mittelalters präsentiert: Kaiser Otto der Große (912–973) und die Königin Editha (910–946), das Erzbistum Magdeburg und die archäologischen Forschungen in und am Dom. Zu den originalen Ausstellungsobjekten gehören die teils spektakulären Funde der Dom- und Domplatzgrabungen, darunter der aus Blei gefertigte Umbettungssarg der Königin Editha (16. Jh.), feinst gewebte Stoffe aus der Bestattung der Königin Editha, kostbare Beigaben aus den Gräbern der Erzbischöfe Wichmann von Seeburg (1115–1192) und Otto von Hessen (1301–1361), das gemauerte Grab eines Vertrauten des Kaisers sowie antik-römische Bauteile von den ottonischen Bauten am Domplatz. Unter den Ausstellungsstücken sind auch Fragmente aus dem Grab des Dietrich von Portitz, der ab 1361 Erzbischof von Magdeburg war. Seine gut erhaltene Grablege wurde bereits 1896 entdeckt. Doch wesentliche Teile des Bischofsornats aus Goldbrokat gingen im Zweiten Weltkrieg verloren.
Zu den originalen Ausstellungsobjekten gehört auch die Gruft eines Vertrauten Kaiser Ottos des Großen aus dem Jahr 963. Sein Fund ließ die lange gehegte Theorie wanken, dass es sich bei den auf dem Domplatz gefundenen Fundamenten um die Kaiserpfalz handelte. Als wahrscheinlicher gilt seither, dass es eine „Südkirche“ gewesen sein muss.
© Stadtarchiv MD
1923: Reichsbank
Neubau der Reichsbank direkt vor den Domtürmen am Breiten Weg
Von der Reichsbank zum Dommuseum
Hauptausstellungsfläche ist die von zwei Säulenreihen dominierte ehemalige Schalterhalle. Das renommierte Züricher Büro Holzer Kobler, das unter anderem mit dem Alpinarium Galtür oder der auf einem Bergrücken „schwebenden“ Arche Nebra für Aufsehen gesorgt habt, hat den Entwurf für die Innengestaltung geliefert. Dieser greift die verschobene Achse zwischen ottonischem und gotischem Dom auf und setzt die Ausstellungsstücke ebenfalls im 7-Grad-Winkel zur Längsachse des Museums.
Schwere Geburt
Sieht man das heutige Museum stehen, erscheint alles so schlüssig. Dabei schwelte lange eine erhebliche kulturpolitische Rangelei um seine angedachte Einrichtung. Die Stadt Magdeburg hatte mit aller Macht gefordert, als Landeshauptstadt endlich auch ein Landesmuseum zu bekommen. Für die Finanzierung gab es bereits einen bestehenden Kabinettsbeschluss der Landesregierung, ehe eine offenbar absichtlich gegen die Wand gefahrene gerichtliche Güteverhandlung um die Ausübung des Vorkaufsrechtes der Öffentlichen Hand gegenüber einem privaten Investor das Museumskonzept in der alten Reichsbank scheinbar zum Platzen brachte. Die Landesgelder wurden flugs ins Bauhausmuseum Dessau umgeleitet und für die Stadt und den vor Ohnmacht schäumenden Bürgermeister bedurfte es einiger Kniffe, bis die Immobilie schließlich durch die Wobau erworben werden konnte. Ein Landesmuseum ist es dennoch nicht geworden, Kooperationspartner sind nun die Landeshauptstadt Magdeburg, das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt sowie die Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-Anhalt. Als Außenstelle gehört es künftig zum Kulturhistorischen Museum.
Mittelalter digital
Eine Herausforderung moderner Museen ist das lebendige Erlebbarmachen von Geschichte. Aber virtuelle Räume, die dem unbedarften Besucher einen Einstieg in das Magdeburg des 10. Jahrhunderts ermöglichen würden, wird es im Ottonianium nicht geben. Dafür entstand in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut IFF ein virtuell-interaktives Echtzeitmodell des Magdeburger Doms, das die Baugeschichte der ersten gotischen Kathedrale auf deutschem Boden erlebbar macht. Im Foyer werden ein Museumsshop und ein Museumscafé einladen. Auch die Eröffnung ist gut getimt: Sie erfolgt pünktlich zum 1050-jährigen Gründungsjubiläum des Erzbistums Magdeburg durch Kaiser Otto den Großen. Es ist keine Frage, dass man als Magdebürger einfach hin muss, ins neue Dommuseum, um es „in Besitz“ zu nehmen, um noch mehr zu verstehen, um sich unserer großen Geschichte noch bewusster
zu werden.
Dommuseum Ottonianum
Domplatz 15 Magdeburg
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Di-So 10-17 Uhr, wenn ein Feiertag auf Montag fällt auch 10-17 Uhr geöffnet 24.12. und 31.12. geschlossen