© Conrad Engelhardt
Christine Villinger
Frau Villinger, was bedeutet das DomplatzOpen Air für das Theater Magdeburg?
Es ist das große Highlight am Ende jeder Saison. Wir gehören damit zu den wenigen Stadttheatern deutschlandweit, die etwas derartiges auf die Beine stellen. Und das ist – man kann es nicht anders sagen – eine großartige Leistung des gesamten Hauses.
Eine Leistung, die inbesondere die überregionale Fachpresse deutlich anerkennt. Tatsächlich spielen wir mit dem DomplatzOpen Air in der ersten Liga mit. Und ja, dieses überregionale Lob aus der Fachpresse erfreut uns besonders, da schreibt „thats musical.de“ dass „Magdeburg zu den Topadressen der Musicalszene gehört“, das Magazin DaCapo nennt Magdeburg eine „Musicalhochburg des Ostens“ und „musicals“ erkennt an, dass beim DomplatzOpenAir „seit Jahren nicht gekleckert, sondern geklotzt wird“.
Nun steht in Magdeburg eine Diskussion im Raum, die sich im Kern gar nicht um das ob, sondern deutlich um das „wie lange“ des elfwöchigen Auf- und Abbaus dreht. Nun, es sind insgesamt derzeit eher zehn Wochen, nur welche Optionen einer Beschleunigung haben wir? Wie das die Neue Musikzeitung, Deutschlands größte Musikfachzeitung, einmal über uns schrieb, ist so ein Musical Open Air für ein Stadttheater wie uns ein „Unternehmen zwischen Geschäft und Herausforderung“. Nach unseren Berechnungen würde ein schnellerer Aufbau durch zusätzliche Kapazitäten für Bühnentechnik etwa 50.000 bis 60.000 Euro pro Tag kosten. Das ist durch das Theater Magdeburg nicht zu stemmen. Alternativ müssten wir ab April den Spielbetrieb am Theater und am Opernhaus einschränken, um alles auf den Domplatz zu konzentrieren.
Nun gab es auch noch zwei – nicht repräsentative – Umfragen, vom MDR und der IG Innenstadt, bei denen sich eine Mehrheit für eine Verlegung des DomplatzOpen Airs aussprach. Speziell bei der Umfrage der IG Innenstadt unter den Händlern und Gastronomen der Stadt wundert mich das schon, muss ihnen doch an einer Belebung der City gelegen sein. Zum DomplatzOpenAir haben wir pro Saison 19.000 bis 22.000 Zuschauer in etwa 18 Vorstellungen. Viele von ihnen kommen von außerhalb, aus Cottbus, Stralsund, Aachen oder Ulm, und sie übernachten hier. Da frage ich doch mal: Welche Belebung der Innenstadt im Sommer – ohne dass dafür ganze Straßenzüge gesperrt werden – findet denn sonst statt? Wasserspiele im Sommer sind ohne Zweifel schön, dekorativ, hübsch, aber sie werden in ihrer touristischen Sogwirkung kein DomplatzOpenAir ersetzen. Die IG Innenstadt ist gern eingeladen, sich an den Mehrkosten eines schnelleren Aufbaus zu beteiligen. Bisher werden wir damit alleine gelassen.
Wir haben selbst unter den Restaurants um den Domplatz nachgefragt: La Bodega, Bralo Steakhouse, Qilin oder Hyaku Mizu wissen das DomplatzOpen Air zu schätzen. Einzig das Il Capitello direkt am Domplatz moniert Umsatzverluste. Dass die angesprochenen Restaurants im Umfeld sichtlich profitieren, ist auch meine Erfahrung. Was das Il Capitello angeht: die Marketingabteilung/Öffentlichkeitsarbeit wurde bisher von keinem Anlieger oder Gastronomen jemals direkt auf mögliche Missstände angesprochen, weshalb es auch keine Gespräche über mögliche Kooperationen gegeben hat.
Fehlt es Ihnen an Anerkennung in der Stadt für ihre Leistung? Ich sage es einmal so: In vergleichbaren Städten wie Erfurt, Braunschweig oder Worms werden solche OpenAir-Festspiele längst ein unverzichtbarer touristischer, wirtschaftlicher und kultureller Motor gesehen.
Die zusätzlichen Kapazitäten beim Aufbau wurden 50.000 bis 60.000 pro Tag kosten
Was halten Sie persönlich von der Idee einer Verlegung? Nichts. Alle wichtigen Faktoren sprechen für eine Platzierung in zentraler Lage. Es braucht eine historische Umgebung, Shopping, Gastronomie und Kultur, das Sich-zeigen gehören bei so einem SommerOpenAir zusammen. Die Leute möchte vorher durch die Stadt schlendern. Auch ist an den benannten Alternativplätzen kein ständiger, auch nach 23 Uhr funktionierender ÖPNV gegeben. Eine Verlagerung des OpenAirs würde das „Aus“ in finanzieller und publikumstechnischer Hinsicht bedeuten. Erst recht halte ich nichts von einem jahresweisen Wechsel der Standorte, wie das als Vorschlag verlautbart wurde. Solch ein Wechselspiel würde die Zuschauer verwirren, keiner kann sich das merken. Es wäre der Tod des DomplatzOpen Airs.
Auf der anderen Elbseite gäbe es auch eine Domkulisse. Das DomplatzOpen Air funktioniert als Marke. Namhafte Musicaldarsteller können wir auch deshalb für ein Engagement in Magdeburg gewinnen, weil es eine besondere Gelegenheit ist, vor grandioser Kulisse mit einem Live-Orchester zu arbeiten. Technisch gesehen ist der Domplatz aber viel mehr, die umgebenden Häuser sorgen auch für Windschutz. Der Platz hat eine hervorragende Akustik, die Häuser geben den Hall zu den Zuschauern zurück. Diesen Effekt hätte man auf einem offenen, unbebauten Areal eben nicht.
Der aktuelle Nutzungsvertrag für den Domplatz geht bis 2019. Nun hat der Stadtrat im August auch einen Prüfplan beschlossen, der einer mögliche Beschleunigung des Aufbaus nachgehen soll. Unser Technikplan liegt dem Oberbürgermeister vor, im Sommer gab es dazu ein konstruktives Gespräch mit unserer Intendantin Karen Stone. Ich denke, der OB weiß einzuschätzen, welche Strahlkraft die Kulturmarke DomplatzOpen Air für die Stadt bedeutet. Nicht zuletzt, weil in dieser Liga für die Aufführungsrechte zwei bis drei Jahre Vorlauf notwendig sind, hat Herr Trümper eine Zusicherung über den Vertrag hinaus bis 2021 gegeben.
Und was kommt danach? Im Sommer 2022 endet der Vertrag von Frau Stone. Unter ihrer Leitung hat sich das Domplatz OpenAir seit der Premiere 2008 zur deutschlandweit strahlenden Marke entwickelt. Wie diese Marke nach dem Wechsel in der Intendanz fortgeführt wird, vermag ich jetzt nicht zu sagen.
Geben Sie bitte noch eine Vorschau auf 2019. Oh, gern. Dort werden wir das Musical-Vaudeville „Chicago“ zeigen, nach dem gleichnamigen Theaterstück. Es ist ein tolles Musical, für das wir als eines der ganz wenigen Stadttheater die Lizenzrechte bekommen haben. Tatsächlich haben wir sie nur aufgrund des Renommees bekommen, weil das DomplatzOpenAir einen exzellenten Ruf genießt. Schlussendlich ist es uns auch wieder gelungen, einen ganz hervorragenden Cast zu verpflichten. Die Premiere ist am 14. Juni 2019, der Vorverkauf läuft bereits.
Vielen Dank für das Gespräch.
Kommentare (1)
Kommentar-FeedSuper Veranstaltung!
Herboth vor mehr als einem Jahr