© Conrad Engelhardt
Mein Fernbus
Frühmorgens halb elf in Magdeburg. Noch trennen den 18-jährigen Studenten Jan Jepkens über 400 Kilometer von seinem Heimatdorf an der niederländischen Grenze. Am Bussteig 7 am Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) steht er und wartet auf seinen Bus nach Hause. Es ist einer von Vielen, die seit der Liberalisierung des Fernbusmarktes Anfang 2013 auch in der Landeshauptstadt Passagiere nach Berlin, Hannover, Hamburg und bis nach Duisburg befördern — wie Jan.
Rapider Anstieg des Fernbusverkehrs
Seit 1. Januar 2013 dürfen Busse den Verkehr zwischen Städten bedienen, wenn sie wenigstens auf einer Distanz von 50 Kilometern oder eine Stunde lang unterwegs sind. Das seit den Dreißiger Jahren bestehende Gesetz, das die Deutsche Bahn vor Konkurrenz schützte, wurde damit gekippt. Nach einer Studie des IGES Institut Berlin nahmen im vergangenen Jahr so die innerdeutschen Fahrten von Januar bis Dezember um 230 Prozent zu. Danach stieg die Zahl von innerdeutschen Fahrten von 1.540 auf 5.100 pro Woche. Davon profitiert auch die Landeshauptstadt.
Magdeburg als Knotenpunkt für Fernbusse
Fuhr vor der Liberalisierung lediglich der Berlin-Linienbus den Bussteig 7 des ZOB an, hat sich die Zahl nun vervielfacht. Neben Marktführer MeinFernbus bieten seit Ende des vergangenen Jahres auch der ADAC Postbus und der Onebus sowie seit Mitte April das Münchner Fernbusunternehmen Flixbus innerdeutsche Linienfahrten von und nach Magdeburg an. Das Standortinteresse der Fernbusunternehmen sieht Marika Vetter von MeinFernbus neben der zentralen Lage in Mitteldeutschland und den Studenten und Touristen so begründet: „Der vorbildlich ausgebaute, zentralgelegene und gut an den ÖPNV angebundenen ZOB ist ein wichtiger Faktor.“
Klassenfahrtimage ade
Für junge Leute waren in der Vergangenheit vor allem Mitfahrgelegenheiten die Möglichkeit, um Geld zu sparen und umweltbewusst durch Deutschland zu reisen, allerdings nicht immer verlässlich. Diese Erfahrung hat auch Jan Jepkens machen müssen. „Manchmal wurden Fahrten kurzfristig abgesagt.“ Nun reist er mit Fernbussen. Jan ist einer von vielen jungen Menschen, die so von Magdeburg durch die Republik fahren. Diese Entwicklung zeichnet sich auch beim marktführenden Busunternehmen MeinFernbus ab. Nach Angaben von Vetter sind 60 Prozent der Fahrgäste, die von und nach Magdeburg fahren, zwischen 18 und 34 Jahre alt. Das angestaubte Klassenfahrtimage des Busses verabschiedet sich immer mehr.
Fernbusse als kostengünstige Alternative zur Bahn
Schließlich kann man mit Fernreisebussen nicht allein günstiger beispielsweise von Magdeburg nach Braunschweig und Leipzig reisen. Man hat mehr Komfort, meist kostenlos W-LAN und ist nicht auf fremde Fahrer angewiesen. Für eine Fahrt von Magdeburg nach Braunschweig mit der Deutschen Bahn zahlt man ab 17,40 Euro, mit einem Fernbus schon ab 6,00 Euro. Allerdings braucht der Fernbus durch Zwischenhalte häufig deutlich mehr Zeit als die Deutsche Bahn. Würde Jan beispielsweise anstatt mit dem Fernbus mit der Bahn von Magdeburg nach Duisburg fahren, würde er sein Ziel innerhalb von fünf Stunden erreicht haben. Dafür bezahlt er allerdings das Doppelte und muss einmal umsteigen. Im Fernbus sind es knapp sieben Stunden. Die beginnen für Jan schon kurze Zeit später. Dann steuert ein großer Nighliner die Nummer 7 des ZOB an. Einige Passagiere nutzen den Stopp für eine kurze Raucherpause, Jan steigt ein.
Weitere Informationen: