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© Stadtarchiv Magdeburg
Festungsplan
Magdeburgs Festungsanlagen um 1800
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© Conrad Engelhardt
Festung Lukasklause
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© Wenzel Oschington
Ravelin
Großes Potential: Das ehemaligen Ravelin 2 in den Glacisanlagen beim „Frühling im Ravelin“
Es ist kaum zu glauben. Der vom preußischen Militär gebauten Festungsgürtel nahm in seiner Spitzenzeit die doppelte Fläche von Magdeburgs Altstadt ein. Da klingt es wie ein Treppenwitz der Geschichte, dass diese stärkste Festung Preußens nie im ernsthaften Kampfeinsatz war. 1806, als die Franzosen vor den Toren standen, wurde sie kampflos übergeben. Spätestens Mitte des 19. Jahrhunderts war der Festungsgürtel der industriellen Entwicklung Magdeburgs stark im Weg, militärisch hatte er angesichts der Entwicklung der Artillerietechnik ohnehin immer mehr an Bedeutung verloren. So ist es nicht verwunderlich, dass vor etwa 100 Jahren der Großteil dieser Festungsanlagen abgerissen wurden, auf denen neue Stadtteile oder später der Magdeburger Ring entstanden.
Große Pläne für den Grünen Ring
Und doch kann heute kaum eine Stadt noch so viele Festungsanlagen vorweisen wie Magdeburg. Im Glacis stehen sie, im Luisenpark, am Nordpark, entlang der Elbuferpromenade, an der Lukasklause oder an der Hallischen Straße. Zumeist sind sie überformt, liegen abseits aller Wege, sind überwuchert. Schon Ende 2003 entstand die Idee des „Grünen Rings“, einer touristischen Route, die die preußischen Befestigungsanlagen in ihrer ringförmigen Abfolge verbinden sollte. Als Herzstück wurde ein neuer Radweg durch die Künette in den Glacisanlagen gebaut, aber genau diesen Abschnitt hat man nie eröffnet.
Erhaltung durch Nutzung
Die Festungsanlagen sind seither dennoch beständig stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Vor allem der Fachgruppe Festungsanlagen des Kultur- und Heimatvereins Magdeburg ist das zu verdanken, die sich für den Erhalt und Neunutzung der Bauwerke stark macht. Die von ihnen organisierten Festungstage machten das Thema populär. Aber auch den Festungsfreunden ist klar: die Anlagen um ihrer selbst willen zu sanieren ist praktisch nicht möglich. Ohne eine anschließende Nutzung haben solche Investitionen keine Berechtigung.
Vorzeigestück Festung Mark
Prominentestes Beispiel einer gelungenen Umnutzung ist die Festung Mark, eine ehemalige Defensionskaserne, die in jahrelanger Sanierung zu einem Vorzeigestück der Stadt wurde. Aber an diesem Kultur- und Veranstaltungszentrum zeigen sich auch die Probleme. Den immensen Investitionen in eine denkmalgerechte Sanierung standen zuletzt rigide Einschränkungen für die Nutzung bei Veranstaltungen gegenüber. (siehe auch S. 4) Ende offen.
Im Westen viel Neues
Auch die ehemalige Westfront entlang des Magdeburger Rings nimmt eine besondere Stellung ein. Auf der Außenseite des Walls ist die sogenannte Eskarpenmauer gut erhalten, ebenso der mit einer wehrhaften Doppelkaponniere gesicherte Übergang in die ebenso erhaltene Kasematte des Ravelin 2. Schon in den 1990er Jahre gab es Pläne, hier einen Kunst- und Handwerkerhof zu etablieren. Sie wurden allerdings nie realisiert.
Mittelpunkt des Festungstourismus
Erst im letzten Jahr hat sich mit dem „Sanierungsverein Ravelin 2“ e.V. ein neues Bündnis aus Festungsfreunden gebildet, darunter erstaunlich sehr viele junge Leute, wie Vereinschef Rüdiger Stefanek betont. Seit Februar 2015 gibt es für das Gelände auch einen Überlassungsvertrag mit der Stadt. „Unser Ziel ist es, die Anlage zunächst zu sichern und sie schrittweise zum Mittelpunkt des Festungstourismus werden zu lassen“, beschreibt es Stefanek. Hier könnte eine Dauerausstellung zur Festung stehen und Festungsführungen hätten hier einen idelaen Ausgangspunkt. Vorerst soll es vier Veranstaltungen pro Jahr geben, unter anderem findet hier und nebenan im Glacis das „Spectaculum Magdeburgense“ (22.-25. Mai) statt. Auch die Festungstage (2016) sollen dauerhaft auf dem Gelände etabliert werden. Was möglich ist, zeigte die gelungene Benefiz-Open-Air-Veranstaltung „Frühling im Ravelin“ im April. Dafür will der Verein das Bauwerk Schritt für Schritt sanieren. „Wir denken, dass man dafür auch Fördermittel bekommen kann und wollen u.a. die Klappbrücke über den Hauptgraben wieder originalgetreu und funktionstüchtig herrichten, um einen Hauptzugang von der Maybachstraße her durch die unterirdische Poterne herzustellen.“
Magdeburgs Elbchaussee
Auf seiner Wiedererweckung wartet seit Jahren auch das ehemalige Kavalier Scharnhorst an der Sternbrücke. Einst sollte es den südlichen Stadteingang decken, heute ist es die letzte Insel der Wildnis im aufgeblühten Quartier des Elbbahnhofs. Der private Investor Elba Real Estate stellt in diesen Wochen den Nutzungsänderungsantrag, in diesem Jahr noch soll die denkmalgerechte Sanierung des Festungswerks beginnen. Geplant ist hier ein Mix aus Wohnen, Kleingewerbe, Büros und Gastronomie. Dazu soll nach den Plänen des Investors anstelle des sich bis zur Hubbrücke hinziehenden Trümmerschutthügels eine Tiefgarage gebaut werden und darüber Häuser mit erstklassiger Aussicht auf die Elbe.
Wehrhafter Kubus mit femininen Anbau
Bewegung ist auch in den über Jahrzehnte leer stehenden Rest des ehemaligen Eisenbahnfestungstores unterhalb des Fürstenwalls gekommen. 2011 hat die Stadt das Grundstück in einem Bieterverfahren an die Gastronomin Monika Köhler verkauft. Eigentlich sollte es längst fertiggestellt sein, aber zunächst verhinderte es das Hochwasser von 2013, als im Tonnengewölbe 30 cm hoch das Wasser stand und hochwassersicher umgeplant werden musste. „Der jetzige Entwurf ist jetzt noch schöner. Der wehrhafte Kubus bekommt einen femininen Neubau zur Seite gestellt“, schwärmt Köhler. Dazu mussten kostenintensive Auflagen des Denkmalschutzes umgesetzt werden. Sie ist dennoch zuversichtlich: Wenn alles gut geht, will sie noch in diesem Jahr Eröffnung feiern.