© Andreas Lander
Fans des FCM
Ginge es nach Zuschauerzahlen wäre der 1. FCM auch in der Dritten Liga ein Aufstiegskandidat
Der Lieblingssport der Deutschen gerät immer wieder auch wegen der Gewalt rund um die Fußballspiele in die Schlagzeilen und sorgt für hitzige Diskussionen um die Maßnahmen, mit denen man ihr begegnen sollte. Die hohe Strafe, mit der der FCM zuletzt wegen des mehrfachen Fehlverhaltens seiner Anhänger belegt worden ist, sowie der gescheiterte Versuch, die Fans des FC Hansa Rostock beim Gastspiel ihrer Mannschaft in der MDCC-Arena auszusperren, haben diese Diskussion auch in Magdeburg noch einmal kräftig angeheizt.
Dabei ist die vom DFB verhängte Gesamtstrafe in Höhe von 40.000 Euro bereits ein Teil des Problems, da sie dazu verführt, die verschiedenen Delikte pauschal als „gewalttätige Exzesse“ wahrzunehmen, wovon in Wahrheit freilich nicht die Rede sein kann. Wer die Gewalt im Vorfeld von Spielen, die Ausschreitungen im Stadion, das Abbrennen von Pyrotechnik oder die Schmähgesänge undifferenziert in einen Topf wirft, wird dem Problem nicht nur nicht gerecht, sondern verschärft es sogar: indem er den Einzeltäter, dem er unterstellt, eine Schwelle überschritten zu haben, die er noch gar nicht überschritten hatte, dazu verleitet, diese tatsächlich zu überschreiten, weil es in der Wahrnehmung schließlich keinen Unterschied mehr macht.
Alle seriösen Wissenschaftler, die sich mit diesem Thema beschäftigen, verneinen die These, dass das Gewaltpotential im Fußball besonders groß sei – es spiegele sich dort lediglich das Gewaltpotential innerhalb der Gesellschaft. Und dass sich dieses Gewaltpotential auch in den Ordnungskräften sowie der Polizei spiegelt, ist ein gern verschwiegener Teil des Problems. In der Saison 2013 gab es in den Spielen der drei deutschen Profiligen eine Quote von 0,003 Prozent verletzter Zuschauer. Und ob man es glaubt oder nicht: mehr als die Hälfte davon wurde durch Polizisten verletzt. Aber zur Wahrheit gehört die absolute Zahl: 788. Das sind natürlich 788 zu viel, aber dem stehen eben 18 Millionen Besucher gegenüber, während es im selben Jahr auf dem Oktoberfest mit nur 6 Millionen Besuchern allein 7551 Verletzte gab.
Sollten repressive Maßnahmen wie Zuschauerausschlüsse, die ja immer auch Unschuldige treffen, also tatsächlich eine Option sein? Befördert das die erhofften Selbstreinigungsprozesse innerhalb der Fanszene? Ist diese überhaupt so homogen, dass sie das leisten kann? Und inwiefern ist Prävention sinnvoll, wenn das Adrenalin bei den Anhängern so hoch schießt wie bei den Spielern auf dem Rasen, deren zivilisierte Feindschaft schließlich zur Faszination dieses Sports gehört?
So wenig man alle Oktoberfestbesucher kriminalisiert oder die Festzeltbetreiber mit drakonischen Strafen belegt, darf man mit Pauschalurteilen und Sippenhaftung rund um den Fußball agieren, sondern muss, so anstrengend es ist, den Einzelfall ahnden und den Dialog mit der aktiven Fanszene führen.
© Vanessa Weiss