© DATEs Medienverlag
Der Stadtläufer
Im Magdeburger Zoo gibt es ein ungewöhnliches Dreiecksverhältnis unter den Brillenpinguinen. Seit dem Jahr 2016 leben die beiden Pinguin-Mädels Sarafina und José eine offen lesbische Beziehung, der freilich der ersehnte Nachwuchs bislang verwehrt geblieben ist. Doch nun besteht Hoffnung. Kolonie-Kollege Karl-Ruprecht hat im vergangenen Jahr seine geliebte Agatha verloren und erträgt das Dasein als Witwer nur bedingt. Daher schließt er sich dem lesbischen Pärchen an und brütet gemeinsam mit ihnen Eier aus, aus denen nun auch erstmals Küken schlüpfen, von denen bislang allerdings noch keines überlebt hat. Doch die Hoffnung auf gesunden Nachwuchs bleibt.
Homosexualität ist im Tierreich weit verbreitet und bei mindestens 500 Arten nachgewiesen worden. Und gerade Vögel tun sich dabei auffallend hervor. Im Tierpark von Jerusalem waren die beiden Geier Dashik und Jehuda jahrelang ein schwules Vorzeigepaar: sie balzten nicht anders als heterosexuelle Aasfresser, bauten ein gemeinsames Nest und zogen adoptierte Geierküken auf.
Die Aufzucht von adoptiertem Nachwuchs durch gleichgeschlechtliche Eltern ist inzwischen ja gesellschaftlich sanktioniert, aber was Carlos und Fernando, zwei schwule Flamingos aus einem britischen Vogelpark treiben, ist dennoch nur schwer hinnehmbar – die nämlich stehlen ihren heterosexuellen Artgenossen deren Eier, um die Küken sodann als ihre eigenen aufzuziehen. Es handelt sich also nicht um Eier, die von verzweifelten Flamingo-Müttern anonym in einer Eierklappe abgelegt wurden oder um Küken, die das Sozialamt aus asozialen Flamingo-Familien entfernt hat, sondern um den gesunden Nachwuchs von Vögeln, die sich bewusst für Fortpflanzung und Aufzucht entschieden hatten und sozial so abgesichert waren, dass sie sehr wohl selbst für ihre Brut hätten sorgen können.
In diesem Fall haben Carlos und Fernando kein Recht, sich über die Homophobie der anderen Flamingos zu beschweren - und die Vogelparkleitung müsste hier eigentlich entschieden eingreifen. So wie es etwa die Leitung des Zoos von Bremerhaven versucht hat, die in ihrem Bestand über gleich sechs homosexuelle Pinguine klagte. Der Zoo bildete daraufhin eine Hetero-Task-Force, die sechs attraktive und zuchterfahrene Pinguin-Damen aus Schweden orderte, die ihre verirrten Artgenossen zur sexuellen Umkehr bewegen sollten. Doch die schwulen Schwimmvögel trotzten den skandinavischen Sexbomben: Die drei Paare blieben einander treu und versuchten lieber verzweifelt, Steine auszubrüten. Auch in Magdeburg hatte man noch vor Jahren ein schwules Pinguin-Pärchen gewaltsam getrennt, doch inzwischen hat man dazu gelernt. Man toleriert und fördert die ungewöhnliche Liaison zwischen Karl-Ruprecht und den beiden verliebten Pinguin-Damen, man ist modern, verständnisvoll und tolerant. Ob das allerdings noch gilt, wenn sich die Homosexualität (wie bei Stockenten beobachtet) mit Nekrophilie paart, wird man abwarten müssen.
Zoo Magdeburg
Zooallee 1, 39124 Magdeburg
1. November bis 28. Februar: 09.00 – 16.00 Uhr 1. März bis 31. Oktober: 09.00 – 18.00 Uhr 24. Dezember: 09.00 – 14.00 Uhr 31. Dezember: 09.00 – 14.00 Uhr