Jan Schmitt
Corps Alemannia Thuringia
Generationsübergreifend: „Alter Herr“ Patrick Beiersdorf und „Junger Herr„“ Chris Schomburg vor dem Corpshaus
Eine Flagge in den Erkennungsfarben Gold-Rot-Grün weht vom Balkon der Stadtfelder Jugendstilvilla. Von den aktuell neun Mitgliedern der Corps Alemannia-Thuringia leben fünf auf dem Anwesen. Derzeit ist es unordentlich, denn so ein mächtiges Gebäude muss in Schuss gehalten werden. Die Kellerbar wird aufgeräumt, die Badezimmer werden ertüchtigt. Zum Renovieren ist während der Semesterferien Zeit, erklärt Chris Schomburg. Er wird als „junger Herr“ tituliert, schließlich ist er noch aktiv dabei. Sein Studium hat er kürzlich beendet und ist nun auf Jobsuche. Im Treppenaufgang hängen Bilder von allen Studenten, die seit über 150 Jahren Teil der Alemannia-Thuringia waren. Einer von ihnen ist der „alte Herr“ Patrick Beiersdorf. Er hat sein Studium 2016 abgeschlossen und mittlerweile inaktiv, bleibt aber freiwillig verbunden. „Alt“ und „Jung“ haben nichts mit dem Alter zu tun, sondern beschreiben die Aktivität. „Aktiv sein“ bedeutet, an den regelmäßigen Fechtstunden, auch Paukstunden genannt, teilzunehmen. Die werden je nach Stundenplan flexibel gelegt. Doch auf eine Narbe im Gesicht, den bekannten Schmiss, ist man nicht mehr stolz, das kommt hier auch nicht mehr wirklich vor. Die Herren sind längst nicht so konservativ-altmodisch, wie es der Ruf der Burschenschaften vermuten ließe. Aber eine Burschenschaft sind sie nicht, sondern ein Corps. Das steht auf einem schmalen Grat zwischen Tradition und Moderne, folgen dabei einer unpolitischen Linie. Für Chris ist klar: „Wir sind eine Gemeinschaft, die übers Studium hinausgeht - egal was passiert. Wir gehen durch dick und dünn.“ Auch wenn das Studium im Zentrum steht, ist die Charakterbildung jedes Einzelnen ein grundlegendes Bestreben. Nicht alle sind Maschinenbauer, mehrere soziale Studiengänge sind ebenfalls vertreten. Die Gruppe ist international, einer kommt aus Polen, ein anderer hat afghanische Wurzeln. Doch augenscheinlich gibt es für die beiden einen Wermutstropfen: „Die Mitgliedschaft ist Männern vorbehalten. Das ist das Konservativste bei uns, das kann man auch schwierig wegdiskutieren“, erzählt Patrick Beiersdorf. Diese Regelung legt ein Dachverband fest, darauf hat man hier keinen Einfluss. Frauen sind jedoch gern gesehene Gäste. Beiersdorf und Schomburg erzählen viel über Freundschaften und die Loyalität, die selbst nach dem Studium besteht. So unterstützen die Alten oft die Jungen und schauen über den Lebenslauf oder geben Tipps für die Zukunft. Viele Ehemalige kommen regelmäßig zu Besuch: „Ich will die Gemeinschaft weiterwachsen sehen“, erzählt Beiersdorf hochgestimmt. Damit so eine Gemeinschaft auch in den nächsten 150 Jahren bestehen kann, möchte man den Einstieg für Nachfolger leicht gestalten. Neben den persönlichen Erfahrungen spielen für den ein oder anderen auch günstige Mieten eine wesentliche Rolle, eine Alternative zur WG oder zum Wohnheim zu suchen. Als Neuling kann man sich zu einem Probetreffen verabreden und dann zeigt sich, ob man mit den „jungen“ und „alten Herren“ klarkommt. (jtt)
Studentische Verbindungen in Magdeburg: Corps Alemannia-Thuringia, Editharing 34, alemanniathuringia.de; KDStV Norbertina, Ottenbergstraße 15, norbertina.de; Prata Schleusingen, Universitätsplatz 1, prata-schleusingen.de