© Wannewitz
Aus dem „wieder und wieder“ des Krieges quoll ein „wider“ hervor: Helmut Biedermann in seinem Atelier
Sein persönliches Kriegstrauma trägt Helmut Biedermann schon ein Menschenleben mit sich herum: Hatte doch eine Granate 1945 das Hausdach seiner Kindheit zertrümmert und dieselbe wohl gleich mit. Und während seines Studiums an der ABF und später der Kunsthochschule Dresden ist er durch die apokalyptische Trümmerlandschaft dieser Stadt gelaufen. Dies alles ist hängengeblieben.
Der schon lange im Oderbruch lebende Künstler kann auf ein umfangreiches Werk zurückblicken: Sandsteinskulpturen im öffentlichen Raum, Wandmalerei oder die opulente Glasgestaltung einer Schwimmhalle, die er mit Bruder Hans schuf. Sein Hauptwerk bilden jedoch Zeichnungen, Graphiken und vor allem farbenfrohe, nein farbenbegeisterte Gemälde, mit denen er sich in die erste Reihe der ostdeutschen Malerriege hochgearbeitet hat.
Heute ist Biedermann 82 Jahre alt und hatte die Pinsel schon beiseitegelegt. Mit der Ende Februar über der Ukraine aufziehenden Dunkelheit nahm er sie wieder in die Hand. Angesichts dieser kriegerischen Unglaublichkeit wollte etwas „herausgemalt“ werden. Wollte? Ja, aber auch musste. Er hat etwas zu sagen, zu malen und „das musste raus!“ Was Schriftsteller mit Worten, Musiker mit Tönen ausdrücken, das macht Biedermann mit seiner Bildsprache, mit Farben, Pinselführungen, Perspektiven, Blickwinkeln und Fokussierungen. Er schreit seinen Widerstand heraus, mit von persönlicher Erfahrung geprägtem Verstand und eben davon geführter Hand. Weil bei ihm aus dem „wieder und wieder“ des Krieges nur ein „wider“ emporquellen kann, herausquellen also aus seinen Farbtuben.
Nun kehrt er mit dieser späten, für viele unerwarteten Werkschau zurück an die Elbe, wo er die längste Zeit seines Lebens verbrachte. Der Name Biedermann ist in Magdeburg natürlich ein Begriff. Man kennt sein Hauptsujet „Mensch“, den couragierten Schwung seiner Linien, den nicht minder ambitionierten Umgang mit Farbe, den nicht zuletzt von den Kunst- richtungen des frühen 20. Jahrhunderts beeinflussten, expressiven Malstil, der bei ihm in eine eigene Bildsprache mündete.
Bereits zum dritten Mal ist die „Kunstwerkstatt“ sein place to be. In Buckau zeigt er noch nie ausgestellte, ältere Gemälde und Graphiken, die das Thema Krieg berühren, es zu durchdringen versuchen und unter die Haut gehen sollen. Und er schuf noch einmal zwei Großwerke, auf die man gespannt sein darf und die die Schwerpunkte dieser Exposition bilden werden. Goya, Dix, Picasso? Ja. Ja. Ja. Und wie. Und Biedermann? Ohne Pathos ebenfalls Ja. Und wem die spekulativen, in die Zukunft gerichteten und aus einer Bedrückung geborenen Begriffe der Sehnsucht, Hoffnung und Ahnung in den Sinn kommen: Es bleibt jedem überlassen, welchen Raum er seiner individuellen Interpretation geben will und kann. Sucht das Dunkle die Helligkeit? Man muss zunächst einmal hingehen.