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Szenebild aus "Biografie - Ein Spiel"
Sie sind Lerntherapeut, Sozialpädagogin, Ingenieur, Lehrerin, Didaktiker und Öffentlichkeitsarbeiterin. Und sie sind so überzeugende Darsteller, dass ihr Publikum oft schwer glauben mag, dass sie „nur“ in ihrer Freizeit auf der Bühne stehen. Die Leidenschaft fürs Theaters führte vor zehn Jahren vier Studierende zusammen, die in unglaublichen drei Monaten mit Sartres „Geschlossene Gesellschaft“ ihre erste Inszenierung vorlegten. Die Wahl des Stücks beweist nicht nur kühne Unerschrockenheit – sie hatte auch den Vorteil, dass nur drei Rollen zu besetzen waren. Ideal für ein kleines Ensemble ohne eigenen Raum und Geld für Ausstattung. Anfangs musste oft das private Wohnzimmer als Probenort herhalten, was – es lässt sich leicht erraten – zum Namen der Gruppe führte. WohnzimmerTheater steht aber auch für ein Spielprinzip: volle Konzentration aufs Zwischenmenschliche, nah dran am Publikum, Mobilität, Experimentierfreude.
Seither trifft man die Gruppe mit szenisch-musikalischen Lesungen an überraschenden Orten – mal unter Palmen im Gewächshaus, im Schloss Hundisburg, in Ladengeschäften am Breiten Weg; die Horrorlesungen im Ravelin 2 sind bereits ein Geheimtipp. Für die großen Produktionen hat das WohnzimmerTheater seine Heimat mittlerweile in der Feuerwache gefunden („Wir gehören schon zum Inventar!“). Über die Jahre sind sieben Inszenierungen hinzugekommen. „Biografie – ein Spiel“ von Max Frisch schlug Darstellerin Kristin Große vor. Sie hatte darin ehedem ihre ersten Theaterschritte gemacht: „Ich fand das Stück schon damals faszinierend, bin aber sicher, dass es mit dieser Truppe noch viel besser wird.“ Diese Truppe, das sind heute: die Gründungsmitglieder Kristin Große, Sascha Licht und Wiebke Kipka sowie, später dazugekommen, Alena Renner, Marcel Langner und Fabian Nowotny. In dieser Besetzung spielt das Ensemble nun zum ersten Mal – wobei Wiebke ihr Regiedebut gibt.
Max Frischs Gedankenexperiment von 1967 spielt durch, was geschähe, wenn einer sein Leben nochmal neu anfangen könnte. Der Verhaltensforscher Kürmann bekommt genau diese Chance: Ein Spielleiter bietet ihm an, zu neuralgischen Punkten in seinem Leben zurückzukehren und Entscheidungen neu zu treffen. In mehreren Variationen versucht Kürmann nun vor allem zu verhindern, seine zweite Frau Antoinette zu heiraten. Der Unfall eines Freundes, der Tod der Mutter, der Suizid der ersten Frau, die politische Verfolgung eines Kollegen, schließlich der Kennlernabend mit Antoinette – kann Kürmann seine Geschichte neu schreiben?
Das Setting, Theater auf dem Theater, passt perfekt zu diesem Ensemble: Im Wortsinne spielen die Darsteller die alternativen Lebenswege von Kürmann durch – etwa, indem sie auf der Bühne offen in verschiedene Rollen schlüpfen oder Bühnencases in Sofa, Regiepult oder Schneelandschaft verwandeln. Großes Theater eben. Im Wohnzimmerformat.
Hier geht es zu den Spielterminen von "Biografie - Ein Spiel", VVK im Café Vanillekind
© E. Dudek
Feuerwache
Halberstädter Straße 140, 39112 Magdeburg
Di u. Do 11.00 - 17.00 Uhr und zu Veranstaltungen