© U. Löhr/Zwickmühle
Hans-Günther Pölitz
DATEs: Herr Pölitz, Kabarett braucht Meinungsfreiheit. Die ist im Augenblick in der kontroversen Diskussion. Wo sehen Sie die Gründe?
Hans-Günther Pölitz: Weil es sich immer mehr herausstellt, dass auch diese gesellschaftliche Situation einem Ende entgegenstrebt, auf Grund der Grenzen, die der Kapitalismus mit sich bringt. Es ist durchaus mit dem Ende der DDR vergleichbar.
Über dieses Ende und die weiteren 30 Jahre kündigen Sie jetzt ein Soloprogramm an.
Nein! Wir verwenden für den Abend bewusst eine andere Bezeichnung. Ich habe in dem Material gekramt, das sich seit der Wende angehäuft hat und werde es zu einer Collage zusammenstellen. Es geht nicht um den momentanen Stand der Einheit, Frau Merkel wird nicht vorkommen, sondern um eine Plauderei über den 3. Oktober, über Hoffnung, über Träume, die nicht erfüllt worden sind, und über markante Situationen seit 1989. So manches ist ja da in Vergessenheit geraten, das aussagekräftig ist. Es treffen verschiedene Mittel aufeinander: Conference, Abschnitte aus den Kolumnen, die ich im MDR gemacht habe, und es gibt das ein oder andere Videoeinspiel, nämlich Ausschnitte aus Aufzeichnungen aus damaligen Programmen.
Frönen also auch Sie jetzt der „Videomanie“?
Nein, hier ist es dem Thema geschuldet. Grundsätzlich bin ich ein Gegner der Schalte. Das ist nur eine Notlösung. Jeder Künstler, der sich darüber begeistert äußert, weiß offensichtlich nicht, wie er damit die Entfremdung der Kunst vom Zuschauer befördert und seinen Beruf zerstört. Wenn man daraus die Zukunft ableiten würde, wäre das schlimm!
Wie sehen Sie die Zukunft des Kabaretts? Die Entwicklung geht ja in alle Richtungen.
Natürlich ist auch Kabarett einem Wandel unterworfen. Es tendiert bei vielen Kollegen zur Comedy. Wir pflegen politisches Kabarett. Darüber rede ich. Das ist ein Segment. In dieser Zeit ist es wichtig, sich politisch aus dem Fenster zu lehnen, damit der Zuschauer, der es sehen will, auch für sich eine Orientierungshilfe hat. Kabarett ist mehr als bloße Unterhaltung. Das große Problem ist bundesweit das Zuschauerreservoir, das Publikum ist Mittelalter bis aufwärts. Die jungen Leute wissen oft gar nicht, dass es so etwas wie uns gibt.
Sehen Sie eine Perspektive für das Kabarett, für das Sie stehen?
Ich will die sehen.
Zu den Veranstaltungsterminen von "Augen auf und durch" ab 1. August um Kabarett "Zwickmühle"