© Kathrin Singer
Michael Günther Bard spielt "Die Birnen von Ribbeck"
Spielt sein zweites Solostück bei den Kammerspielen: Michael Günther Bard
Nimmt man es genau, sind Michael Günther und Susanne Bard nie ganz weg gewesen, denn einmal im Jahr kehrten sie für „Olvenstedt probiert‘s“ an die Elbe zurück und erlebten die Stadt im Zeitraffer. „Jeden Sommer gab es etwas Neues zu entdecken, die Stadt ist immer schöner geworden.“ Weggehen war für das Schauspielerpaar eine wichtige Erfahrung: „In Bern in der Schweiz und auch in Wiesbaden gibt es andere Codes, klar, aber eigentlich ist es nicht wirklich anders.“ In der Zwischenzeit habe sich die Stadt verjüngt. „In Magdeburg groovt‘s, die Stimmung im Stadion ist unbeschreiblich, und abends ist eigentlich immer etwas los ...“ Günther schwärmt. Was ist mit den sprichwörtlichen ewigen Meckerern? „Die Grantler sind gefühlt weniger geworden, aber vielleicht sucht man die auch nicht mehr.“
Genau einen solchen stellt der Mime aber jetzt auf die Bühne: den nie weggekommenen Bauern aus Ribbeck im Havelland. Jenem Ort in Brandenburg, der durch ein einziges Fontane-Gedicht zum Touristenmagneten aufgehübscht worden ist: „Die Birnen von Ribbeck“, Pflichtlektüre für alle westsozialisierten Deutschen. Friedrich Christian Delius hatte als einer der ersten das kleine Dörfchen dreißig Kilometer vor Berlin bereist und die Menschen erzählen lassen. Seine Bauernfigur in der gleichnamigen Novelle zieht bei steigendem Birnenschnapspegel vom Leder: über den freundlich gemeinten „Überfall“ der Wessis, die ungefragt nach dem Mauerfall Bier, Kugelschreiber, Luftballons und Frohsinn in das Kaff bringen und einen Birnbaum pflanzen. Seinen Redeschwall spickt er mit Anekdoten vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Mauerfall. Der von Dirk Heidicke eingerichtete und von Wolf Bunge inszenierte Monolog ist für Günther eine direkte Fortsetzung von „Ein Vormittag in der Freiheit“, jenes Monologes von Lothar Trolle, den der Schauspieler 25 Jahre nach der Erstaufführung an den Freien Kammerspielen mit zeitlichem Abstand betrachtete. Parallelen zum Heute in beiden Stücken: „Es ist erstaunlich, wie aktuell die Texte wirken. Lehmann, der ehemalige Kombinatsdirektor, könnte heute ohne Weiteres bei PEGIDA mitlaufen, der Bauer würde immer noch dasitzen und dieselben Geschichten erzählen.“
Friedrich Christian Delius: Die Birnen von Ribbeck, Voraufführung am 4.12., 19.30 Uhr; weitere Termine
© Conrad Engelhardt
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