© Kerstin Schomburg
Bearbeitung des antiken Phädra-Mythos mit Isabel Will und Iris Albrecht
In der medialen Berichterstattung werden Strafverfahren häufig mit pikanten Details ausgeschmückt, die in Bezug auf die Schuldfrage für sich selbst sprechen. Am Ende gilt die Unschuldsvermutung, selbst wenn sich die Medienöffentlichkeit schon längst ein eigenes Urteil gebildet hat. Doch wie ermittelt man einen Schuldigen, wenn Wort gegen Wort steht? Im Spannungsfeld heutiger Debatten um sexualisierte Gewalt wirft die Inszenierung „Phädra“ nach Jean Baptiste Racine einen kritischen Blick auf den Umgang mit Opfern und Tätern. Racine war einer der bedeutendsten französischen Autoren der französischen Klassik und schrieb seine Bearbeitung des antiken Phädra-Mythos im 17. Jahrhundert. Als Studie menschlichen Handelns erzählt das Drama die Geschichte von König Theseus, der als verschollen galt und nun nach Troizene zu seiner Frau Phädra und seinem Sohn Hippolytos zurückkehrt. Doch der freudige Empfang bleibt aus, denn Phädra begehrt ihren Stiefsohn Hippolytos. Etwas ist vorgefallen, etwas, das Gewalt war – oder nicht. „Wir haben uns bewusst dafür entschieden, die Tat wegzulassen und die Umstände zu vermenschlichen. Die Zuschauer sollen sich ihr eigenes Bild machen“, erzählt die Regisseurin Pauline Vorberg. Theseus begibt sich auf die Suche nach Antworten und entspinnt sich ein Kopfkino zwischen Wahrheit und Trugbild. Er will das Verbrechen und den Schuldigen erfahren. „Phädra und Hippolytos haben jeweils eine ganz eigene Geschichte. Sie sind sich ihrer Wahrheit absolut sicher und sehen sich selbst als Opfer“, so Vorberg. Indem unterschiedliche Betrachtungsweisen verknüpft werden, entsteht ein Spannungsverhältnis zwischen Begehren und Vernunft, Scham und Schuld. Gleichzeitig werden Machtverhältnisse und Unschuldsvermutungen hinterfragt.
© Engelhardt
Schauspielhaus/Theater Magdeburg
Otto-von-Guericke-Straße 64, 39104 Magdeburg
Theaterkasse: eine Stunde vor Vorstellungsbeginn