© Conrad Engelhardt
Im Gespräch mit Michael Kempchen
Puppentheater-Intendant Michael Kempchen blickt optimisch auf das kommende Figurentheater-Festival.
Im letzten Sommer fiel das 10. Figurentheaterfestival der akuten Hochwasserlage zum Opfer. Ein Jahr später wirft Puppentheater-Intendant Michael Kempchen den optimistischen Blick zurück nach vorn auf den zweiten Anlauf des renommierten Festivals.
Herr Kempchen, wie intensiv sind die aufregenden Tage letzten Jahres noch in Erinnerung?
Oh, sehr intensiv. Als ich die Entscheidung angesichts der dramatischen Hochwasserlage nur vier Tage vor dem geplanten Festivalbeginn bekanntgeben musste, war das ganz sicher die bisher schwerste meiner Laufbahn. Ebenso schwer war es anschließend für alle unsere Mitarbeiter, das bereits aufgebaute Festivalgelände ungenutzt wieder abzubauen.
Was hat damals den Ausschlag zur Absage gegeben?
Zum einen waren wichtige Spielflächen im Klosterbergegarten und auf dem Messma-Gelände nicht nutzbar. So erntet man möglicherweise Anerkennung, wenn man ein Festival unter erschwerten Bedingungen in einer Rumpfversion doch durchzieht, aber dieses besondere Gefühl dieser Hochwassernotlage verfliegt nach ein paar Monaten wieder und in den Köpfen wäre vielleicht übriggeblieben, dass es kein wirklich aufregendes Festival war. Drängender waren natürlich ethische Gründe, nicht zu spielen, wenn andere gerade ihr Hab und Gut verloren haben wie bei uns an der Benediktinerstraße. Da waren wir einfach zu nah an der Elbe.
Die Kunst in Zeiten der Krise…
… die wird manchmal zu erschreckender Realität. Unser Festivalschwerpunkt hieß Urbanität. Ein Projekt war „Ghost City – verlorene Städte“ und gleichzeitig war das Leid draußen akute Realität. Das wäre nicht gegangen.
Da waren die Karten aber schon verkauft.
Die Entscheidung haben praktisch alle Festivalbesucher mitgetragen. Es gab eine großartige, überwältigende Reaktion weil viele das gezahlte Geld nicht rückgefordert haben, sondern es bewusst gespendet haben.
Wie rettet man ein Festival ins nächste Jahr?
Mit einem Wort: Solidarität. Wir sind international gut vernetzt. Da bestehen über das geschäftliche hinaus viele intensive persönliche Kontakte. So hat keine der eingeladenen Gruppen ein Ausfallhonorar eingefordert, obwohl sie alle schon ihr Flug- oder Bahnticket in der Tasche hatten. Bei der Entscheidung haben sicher auch die dramatischen Bilder eine Rolle gespielt, die vom Elbhochwasser und auch von Magdeburg um die Welt gingen.
Wird das 2013er Festival praktisch nachgeholt?
Wie sagt man so schön? Festival reloaded! Es ist im Grundrahmen das geplante Festival von 2013 aber mit aktualisiertem Konzept.
Was dürfen wir 2014 erwarten?
Durch die Verschiebung gibt es einen positiven Effekt: Die übernommenen Planungen stehen bereits viel eher als in früheren Jahren. Also sind wir gut vorbereitet. Das Messma-Gelände ist leider nicht mehr nutzbar, dafür gehen wir mit einer Vorstellung in den Klosterbergegarten. Ansonsten findet unsere „La Notte“ wie angekündigt auf dem Gelände des Puppentheaters statt.
Und finanziell?
Wir hatten im letzten Jahr ein geplantes Budget von 270.000 Euro. Durch die kurzfristige Absage des Festivals entstanden natürlich trotzdem Kosten, aber wir konnten sie auf 70.000 Euro begrenzen. So kann das diesjährige Festival vollständig aus den geplanten Geldern des letzten Jahres finanziert werden.
Das klingt dennoch nach Einschränkungen.
Einfach ist es sicher nicht, solch eine Finanzierung auf die Beine zu stellen, denn die Kosten werden nicht geringer. Aber wir durften auch erleben, dass es bei unseren Unterstützern und Sponsoren große Anerkennung unserer Arbeit und unseres Festival gibt, das neben Bochum und Erlangen mittlerweile zu den drei wichtigsten in Deutschland gehört.
Interview: Conrad Engelhardt
10. Internationales Figurentheaterfestival BLICKWECHSEL, 20.-26. Juni 2014, Tickets und Programm: www.blickwechselfestival.de