© Kerstin Schomburg
Wortgewaltig und schonungslos: Elfriede Jelineks Stück Wolken.Heim
Heimat, Boden, Blut, Nation: Vier Wörter, die zusammen ein beklemmendes Gefühl auslösen und mit einem scheinbar längst überwundenen Gedankengut in Verbindung stehen. Als eine der wichtigsten Stimmen im deutschsprachigen Theater schrieb Elfriede Jelinek ihren wortgewaltigen, schonungslosen Text „Wolken.Heim“ vor fast 30 Jahren und doch ist er immer noch von erschreckender Relevanz. Der Regisseur Florian Hein inszeniert Jelineks flächigen Identitäts- und Heimatmonolog und begibt sich damit in die Untiefen des deutschen Nationalismus auf die Suche nach dem „Wir“. Doch wer ist dieses hundertfach beschworene „Wir“, dieses Deutsche, dieses Nationale? „Das Stück ist eine surreale Reise durch die Geister der Nation“, beschreibt es Florian Hein. Das „Wir“ wird zunächst von Einzelnen gebildet und im Laufe des Stückes immer weiter aufgebaut. Feste Rollenzuteilungen wird es dabei nicht geben. „Vier Spieler und ein zehnköpfiger Sprechchor bringen die unterschiedlichen Stimmen zusammen“, so Hein. Mit Zitaten von großen deutschen Dichtern und Philosophen, wie Hölderlin, Hegel, Heidegger, Fichte und Kleist kreisen die Gedanken immer wieder um Identität und Heimat, aber auch um den Ausschluss des Anderen, des Fremden. „Solche Dynamiken können ganz schnell in Hass und Gewalt umschlagen“, so Hein. Auch Jelinek nimmt an, dass die „Geister der Nation“ noch lange nicht verschwunden sind, kommentiert die Autoren und stellt Verbindungen in die Gegenwart her. Angereichert mit musikalischen Passagen wird Jelineks rhythmische Sprache durch den Sprechchor weitergeführt. Sprache und Musik werden so zum Handlungsträger. Mit Themen wie Individuum und Gemeinschaft, das Verhältnis von Selbsterhöhung, Fremdmarkierung und das Zyklische von Zeit ist Florian Heins Inszenierung aktueller denn je.
© Engelhardt
Schauspielhaus/Theater Magdeburg
Otto-von-Guericke-Straße 64, 39104 Magdeburg
Theaterkasse: eine Stunde vor Vorstellungsbeginn