© Kathrin Singer
Stephan Thiel inszeniert Sibylle Bergs "Hauptsache Arbeit!"
Regisseur Stephan Tiel konfrontiert mit der Frage „Was bleibt von euch, wenn die Arbeit weg ist?“
Pop-Literatin, Höllenfürstin des Theaters, Fachfrau fürs Zynische,... – Die Liste der Etikette für die aus Weimar stammende, jetzt in Zürich lebende Erfolgsautorin Sibylle Berg ist lang. Für Regisseur Stephan Thiel nennt sie einfach nur die Dinge beim Namen, überspitzt, seziert Figuren und Situationen, setzt Stachel, ist Meisterin im kalten Vorführen von Endkonsequenzen. Das ist nicht zynisch, allenfalls schwer auszuhalten, weil das Happy End fehlt. Oft sind zum Schluss alle tot. So wie bei „Hauptsache Arbeit!“. Utopie? Fehlanzeige. „Wir versuchen aber ein Bild, wo alle mal fröhlich sind. Das ist im Stück so nicht drin, aber in der Inszenierung. Ich hoffe, es ist als solches auch erkennbar, daran arbeiten wir noch“, verspricht Stephan Thiel mit einem Lächeln.
Der gebürtige Leipziger ist spezialisiert auf Gegenwartsdramatik, hat in Magdeburg bereits „Fette Männer im Rock“ auf die Bühne gebracht. Nun erstmals in der Elbestadt ein Stück von Sibylle Berg, das „Stoßgebet“, wie er es nennt. „Hauptsache Arbeit“ – Thema bei Stammtischen, Familienfeiern. Das Mantra der prekär Beschäftigten, aber auch der Angestellten im Firmen-Hamsterrad. Berg erzählt von einer Firmenbetriebsfeier auf einem Vergnügungsdampfer. Als die Geschäftsleitung verkündet, dass zum Wohle der Bilanzen Entlassungen anstehen, beginnt ein erbarmungsloser Kampf um die verbleibenden Arbeitsplätze. Angetrieben von als Motivationstrainer verkleideten Ratten wird die Firmenfeier zur Bühne für hemmungslose Selbstdarstellung, gnadenlosen Konkurrenzkampf und unzivilisierte Bösartigkeit. Dabei wird deutlich, wie arm das Leben der Figuren eigentlich ist, dass die Panik auslösende Abwesenheit von Arbeit auch Abwesenheit von Leben bedeutet. Irrwitzigerweise stellen ausgerechnet die vermutlich überlebenden Ratten die entscheidenden Fragen, die sich eigentlich die Menschen stellen sollten, sagt Thiel: „Was bleibt von euch, wenn die Arbeit weg ist? Werdet ihr Spuren hinterlassen in der Welt, wenn ihr immer nur mitmacht, mitlatscht, Hauptsache, ihr habt euren Scheck am Ende des Monats?“ Fragen, die auch den Regisseur umtreiben in einer Zeit, in der nicht mehr für jeden Arbeit da ist. Thiel nennt es einen Luxus unserer Zeit, über Alternativen wie beispielsweise ein bedingungsloses Grundeinkommen nachdenken zu können, Arbeit nicht mehr nur ausschließlich als Erwerbsarbeit zu verstehen.
Sibylle Berg: Hauptsache Arbeit, Premiere 6. Februar, 19.30 Uhr, weitere Termine
© Engelhardt
Schauspielhaus/Theater Magdeburg
Otto-von-Guericke-Straße 64, 39104 Magdeburg
Theaterkasse: eine Stunde vor Vorstellungsbeginn