© Conrad Engelhardt
Dirk Heidicke
Ohne Zigarette, Kaffee und den 1. FCM nicht zu denken: Dirk Heidicke.
Nur Flausen im Kopf
Auf der Landstraße hinter Kroppenstedt war Schluss. Seine erste versuchte Republikflucht endete in einem Polizeiwagen. Drei Zehnjährige waren damals aufgebrochen, eigentlich hätte es die ganze Schulklasse sein sollen und Dirk Heidicke war der Rädelsführer. Natürlich der Heidicke, werden damals die Lehrer, ach überhaupt alle, gesagt haben: Der renitente, der Langhaarige, der damals allerdings eher auf der Flucht von Zuhause war, als das er wirklich in den Westen wollte.
Erste große Leidenschaft: Der Club
Schon damals zeichnete sich ab, was einmal aus ihm werden sollte: in der 2. Klasse schrieb er erste Gedichte, dann Abenteuergeschichten. Die griechische Mythologie war da noch nicht sein Steckenpferd, aber der Deutsch-Lehrerin war er beizeiten voraus. Damals, 1970, begann auch seine erste große Leidenschaft. Sein Vater nahm den Sechsjährigen mit ins Germerstadion zu einem Spiel des 1. FCM. Seither ist er ein Blau-Weißer. „Alles kann sich im Leben ändern, auch die Frau, nur der erste Fußballverein, der bleibt.“ Bei Dynamo Magdeburg wird er später selbst zum extrem schnellen Außenläufer und zum Flankengott.
Ab ins Theater
1986 schafft er es, am Maxim-Gorki-Theater einen Job zu bekommen, als Beleuchter. Intendant war damals Karl Schneider, der von sich sagte „ich bin zuerst Kommunist und dann Theaterleiter“. Egal, Heidicke war dort, wo er sein wollte: „Es gibt einfach nichts besseres, als am Theater zu arbeiten“. Alkohol und Gespräche, die Kombination musste man hier nicht in die Freizeit verlegen. 1989 wurde sein erstes Stück aufgeführt: „Der Apfel der Eris“. Eigentlich hätte er ganz gern noch Literatur studiert. Aber der politische Umbruch von 1989 kam für Heidicke dazwischen. Da war damals diese große Sprachlosigkeit im Schriftstellerverband, und er, der junge, der Unbelastete, sollte es als Kandidat mit einem Mal richten. Seine erste Lesung im Maxim-Gorki-Theater war rammelvoll – als hätte er etwas dafür gekonnt.
Dirk Heidicke, der Theater- und Hörspielautor
Zur Wende schreibt er das Hörspiel „Ganymed“, eine Geschichte um doppelten Vatermord und Zeus als Helmut Kohl. Es wird ein großer Erfolg. „Da standen mir mit einem Mal alle Türen offen, ich war genau im richtigen Alter“, erinnert er sich. Er steigt groß ein, schreibt die Klopstedt-Comedy für das noch junge Sputnik-Radio, seine Hörspiele laufen bundesweit, ab 1998 wird das von ihm erdachte „Olvenstedt probiert‘s“ zum Dauerbrenner an den Freien Kammerspielen. Bis heute schreibt er Texte für die Bühne und auch für Zeitungen. Die sind, wie bei der „Kugel des Monats“ im Forum Gestaltung, stets scharfzüngig und pointiert, mit oft hintergründigen Anspielungen und Witz. Zu seinem 25. Bühnenjubiläum bringen die Kammerspiele Magdeburg vier Tage lang eine Vielzahl seiner Stücke auf die Bühne. Den Auftakt macht „The Kraut“, es folgt „Kauz in Concert“, ein Tribute-Konzert mit Songs von Dirk Heidicke. In zwei szenischen Lesungen erwachen seine Stücke wie „Ganymed“ oder „Die Hand der Prinzessin“ zu neuem Leben. (c)
Vier Festtage zum 25. Bühnenjubiläum von Dirk Heidicke, 13.-16. November, Forum Gestaltung, www.kammerspiele-magdeburg.de