© Andreas Lander
Ballettdirektor inszeniert Stabat Mater
Spiritualität erlebbar machen: Gonzalo Galguera
Zur Musik hat Ballettdirektor Gonzalo Galguera eine besondere Beziehung. Als Kind bekam er eine Ausbildung am Saxophon, aber nach drei Jahren am Konservatorium schmiss er hin, der Teenager wollte lieber Baseball spielen wie sein großer Bruder. Das einmal gesäte Korn aber blieb, als Ballettstudent gab er die letzten Pesos für CDs aus und entwickelte ein musikalisches Gedächtnis: „Ich vergesse keine Musik – nie!“, sagt er und macht keinen Hehl daraus, dass er für die facettenreiche amerikanische Musik besondere Hingebung hat. So entstand die Idee, einen Tanzabend mit ausschließlich nordamerikanischer Musik zu gestalten.
Sechs Komponisten hat Galguera für sein America Noir ausgewählt. Und die sind sehr unterschiedlich. Da ist die äußerst rhytmische Musik von John Adams, der von Trompeten dominierte, metropole Sound von Philip Glass während Aaron Coplands „Appalachian Spring“ eher das ländliche Amerika spiegelt. Eine Entdeckung werden ganz sicher die psychedelisch-fordernden Klangteppiche einer Joan Tower sein. Ein klassisches Handlungsballett wie zuletzt das überbordend schöne „Le Corsair“ ist America Noir allerdings nicht. Anders als bei Filmmusiken folgt die erzählte Geschichte der bereits vorhandenen Musik, die dramaturgisch bildhaft den Rahmen vorgibt. Passend dazu erzählt Galguera eine Kriminalgeschichte. Sie beginnt mit einem Mann (Hauptrolle: Andreas Loos), der in einer düsteren Gasse über eine Frauenleiche gebeugt ist, und flüchtet. Wer ist der Mann, was war sein Motiv? All das bleibt im Dunkeln. Faszinierend und unheilvoll zugleich folgt die Geschichte seiner vergeblichen Flucht quer durch die USA. Realität und Fantasie verschwimmen dabei. Was ist Wahrheit, was ist Wahn? So geht es in der Geschichte letztendlich um das Ausgeliefertsein des Menschen an seine dunkle Seite. Für die musikalische Leitung hat man die erfahrene Dirigentin Anna Skryleva verpflichtet. Es ist eine anspruchsvolle Aufgabe für das Orchester, einen ganzen Liveabend mit dieser zum Teil sehr arythmischen, dann wieder treibend dynamischen Musik umzusetzen. Allein wegen diese fordernden Stücke wird es sicher kein Genießerabend, keine leichte Unterhaltung, aber es gibt große amerikanische Musik zu entdecken und Galguera wünscht sich, dass es ein Ballettabend wird, den man zweimal besuchen will: Weil der zweite Blick auf die Geschichte klarer wird.
© HL Böhme
Opernhaus/Theater Magdeburg
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