© Susanne Schleyer
Sinnsuche des Lebens: Dominic Müllensiefen
In den 2000er-Jahren im Osten war die Arbeitslosenquote hoch und die Vorzeigeviertel verkommen. Die Erwachsenen versuchen irgendwie klarzukommen, während die Jugendlichen die Frustration der Eltern spüren. Der in Magdeburg geborene Domenico Müllensiefen greift genau diese Zeit in seinem Debütroman „Aus unseren Feuern“ auf. „Mein Roman ist autobiografisch geprägt. Es ging mir aber nicht darum, mein Leben zu erzählen. Ich wollte Menschen und Geschichten meiner sozialen Klasse zeigen.“ Er arbeitete mehrere Jahre als Techniker und schrieb nebenbei Texte. Als er bei einem seiner Hausbesuche den Krimischriftsteller Steffen Mohr traf, ermutigte ihn dieser, am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig zu studieren. „Ich kündigte meinen Job und war plötzlich Student ohne Abitur“, so Müllensiefen. Der Berufswechsel lohnte sich mit einem Master im literarischen Schreiben und seinem ersten Roman. In der Coming-of-Age-Geschichte erzählt Müllensiefen von den Jugendlichen Heiko, Thomas und Karsten, die sich seit Kindertagen kennen und zusammen die Verwerfungen der Wendejahre erleben. Mit Baseballschlägern und selbstgebauten Bomben, mit denen sie Haltestellen zerstören, versuchen sie sich zu artikulieren. Gleichzeitig wollen sie Großes erleben und die Möglichkeiten auskosten, die ihre Eltern nicht hatten. Während der eine den elterlichen Schlachthof übernehmen soll, will der andere nach Amerika auswandern. Der Dritte, Heiko, muss in dunklen Gängen Kabel verlegen und saufen lernen. Er schlägt sich durch und wird schließlich Bestatter. Als er eines Tages an eine Unfallstelle gerufen wird, bemerkt Heiko, dass er nicht nur das zertrümmerte Auto, sondern auch das Opfer kennt ... Mit rasanten Dialogen und Zeitsprüngen verknüpft der Autor die Geschichte der drei Freunde, die ihre Herkunft nicht als Urteil und ihre Klasse nicht als Schicksal hinnehmen wollen. Er erzählt schonungslos von den schweren Erfahrungen der Ost-Jugend in der Nachwendezeit, ihrer Wut und Verzweiflung, und wird dabei aber nie wehleidig.
© Engelhardt
Schauspielhaus/Theater Magdeburg
Otto-von-Guericke-Straße 64, 39104 Magdeburg
Theaterkasse: eine Stunde vor Vorstellungsbeginn