Der Wind, die Freiheit, das fünfte Element – die Texte des Berliner Popduos Berge sind tiefgründig, reich an Metaphern, voller Gefühl. Berge, das sind Marianne Neumann und Rocco Horn. Ein Schulkonzert führte die Freunde vor mehr als zehn Jahren zusammen. Sie haben einiges ausprobiert bis sie vor acht Jahren Berge gründeten. Es sollte nichts Gewöhnliches werden, einzigartiger Sound mit anspruchsvollen Texten. Im vergangenen Jahr gelang ihnen der Durchbruch mit dem Youtube-Hit „1.000 Tränen“. Ein großes Label wurde aufmerksam und brachte nachträglich ihr Debüt sowie ihr aktuelles Album „Vor uns die Sinnflut“ heraus. Warum die Landeshauptstadt Magdeburg kein Neuland für die beiden ist, verriet uns Marianne im Interview.
Bei euch hat sich ja einiges verändert. Ihr seid zu viert gestartet, nun seid ihr zu zweit. Den Unterschied merkt man auch musikalisch. Das stimmt. Zwischen dem ersten Album und dem aktuellen liegen ungefähr sieben Jahre. Da hat sich nicht nur die Bandformation geändert, sondern auch viel in und um uns. Wir haben auch die Musikrichtung gewechselt, denn damals haben wir viel rockigere Sachen gemacht und es gab viel mehr Progressive-Ansätze. Ich persönlich habe auch festgestellt, dass ich lieber ruhigere Sachen, poppigere Sachen singen wollte. Wir wollten uns verändern und haben ganz viel Zeit damit verbracht, uns neu zu finden. Trotzdem stehen wir nach wie vor zu unseren Wurzeln und immer wenn wir das erste Album hören, feiern wir es noch sehr.
Rocco und du, ihr habt euch entschieden beruflich Musik zu machen, die anderen wollten nicht. Es gab so eine Scheidesituation. Es kam immer wieder die Frage auf, mit wem wir zusammenarbeiten? Wie soll das neue Album aussehen? Dann war relativ schnell klar, dass den anderen Beiden das Risiko zu groß war, nicht zu wissen, wie das ankommt, was man aufgenommen hat. Sie wollten lieber sicheres Geld verdienen. Das ist natürlich total okay.
Trotzdem dreht sich der Tag bei euch nicht immer um das Projekt Berge. Das stimmt. Wir haben beide unsere Familien und noch Jobs. Ich arbeite nebenbei mit Kindern und Jugendlichen, veranstalte Musik-Workshops. Ich nutze meine Zeit viel dafür, wieder kreativ zu sein, Songs zu schreiben, mich mit anderen Musikern zu treffen oder mal eine Jam zu geben.
Ihr wollt die Menschen mit eurer Musik ganz bewusst berühren und etwas in ihnen verändern. Warum ist das so wichtig? Wir berühren uns dadurch auch selbst. Es ist für uns eine tolle Motivation, wenn wir bei unseren Konzerten etwas in den Menschen auslösen, wenn sie weinen oder etwas in ihrem Leben verändern. Es ist schön, wenn man ein Sprachrohr hat und für etwas nutzen kann, was einen auch selbst erfüllt.
Warum passt euer aktuelles Album so gut in die Zeit? Viele Leute merken, dass sie auf der politischen und gesellschaftlichen Ebene an einem Punkt angekommen sind, an dem sie nicht mehr weiterkommen. Sie halten inne und fragen sich „Was läuft falsch?“ Vielleicht ist höher, schneller, weiter nicht mehr der Weg. Viele Leute denken um, wollen etwas ändern, hinterfragen zum Beispiel, ob die Medien immer die Wahrheit erzählen. Es wäre natürlich cool, wenn man ein Teil dieses Prozesses sein kann.
Man bezeichnet euch ja gerne als Großstadthippies ... Ja, das trifft schon zu, weil wir gerne neue Sachen ausprobieren und nicht den normalen Weg wählen. Hippie auch deswegen, weil wir uns auch für spirituelle Themen interessieren. Wir setzen uns immer mal wieder damit auseinander ohne das extrem zu machen. Wir finden da, glaube ich, eine gute Balance zwischen dem Hier und Jetzt und der Suche nach dem Sein.
Ihr ernährt euch zum Gros vegan, trotzdem haltet ihr nichts von Ernährungsdogmen. Wir glauben einfach, dass man sich nichts auferlegen oder sich zu irgendwas zwingen muss. Das erzeugt immer ein komisches Gefühl. Wenn man vegan leben oder Fleisch essen will, soll es aus einem angenehmen Grund passieren. Dann kann's auch nachhaltig sein und macht Sinn. Mein Ansatz wäre da noch mehr aufzuklären, noch mehr in sich hineinzufühlen. Man kennt das ja auch von Diäten. Das funktioniert in 99,9 % der Fälle nicht. Deswegen habe ich mir abgewöhnt, mir solche Dogmen aufzuerlegen.
Magdeburg ist kein unbeschriebenes Blatt für euch. Ihr wart schon beim Weihnachtskonzert von Stephan Michme dabei. Stimmt. Das war in der Zeit, als wir schon zu zweit waren. Er ist ein Freund von uns. Er lädt uns öfter mal ein und wir ihn auch. Deswegen sind wir öfter in Magdeburg.
© E. Dudek
Feuerwache
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