© Debora Mittelstaedt
BOY
Zürcherin Valeska Steiner lernte Kollegin Sonja an der Hamburger Musikschule beim Studiengang der Popularmusik kennen
BOY machen keine Mädchenmusik und sind keine „Girlgroup“. Valeska Steiner und Sonja Glass klingen international und sind eine der wenigen weiblichen Bands, die auch international Erfolge feiern. Ihr „Little Numbers“ brachte 2011 den großen Erfolg und seitdem sind alle Boy-infiziert und fasziniert von der Sympathie, Melancholie und den Emotionen, die das Hamburger Duo mit einer Leichtigkeit in seinen Stücken transportiert, als hätten sie nie etwas anderes getan. Dass dahinter harte Arbeit und auch Rückschläge stecken, erfuhren wir im Interview mit Sängerin Valeska Steiner vor der Tour zum zweiten Album „We were here“.
Eure Musik wird als intelligenter Pop beschrieben. Wie würdest du sie selbst schildern und was ist beim 2. Album anders? Intelligenter Pop klingt ganz gut! (lacht) Es ist schwer, über Musik zu sprechen, man muss sie hören. Wir haben vor der Arbeit am neuen Album nicht festgelegt, was anders werden soll. Sonja hatte sich ein neues Instrument gekauft, einen Juno Synthesizer, der sie beim Schreiben der Musik inspiriert und den Sound etwas geprägt hat. Wir haben zum Beispiel auch mehr Hall benutzt, daher klingen die Songs ein wenig größer.
Warum diesmal mehr Melancholie als Zuversicht? Das ist uns lustigerweise erst aufgefallen, als die Platte fertig war. Das erste Album handelt von Neuanfängen, von der Anfangseuphorie, die man hat, wenn man in eine neue Stadt kommt. In der Zeit, in der es entstanden ist, war ich gerade von Zürich nach Hamburg gezogen. Zwischen dem ersten und zweiten Album waren wir viel unterwegs, und das „Zwischen-den-Dingen-Sein“ zieht sich inhaltlich ein bisschen durch die Songs. Zwischen zwei Orten, zwischen zwei Gefühlen, zwischen Nacht und Tag. Vielleicht sind das einfach eher melancholische Themen.
Wie stark melancholisch seid ihr selbst? Durch die erste Single „Little Numbers“ und das Album verbinden die meisten mit uns viel Fröhliches, Euphorisches, aber wir haben beide auch eine melancholische Seite. Grundsätzlich ist die Sicht auf die Dinge in unseren Songs aber meistens optimistisch, auch wenn sie von schwierigen Themen handeln.
Wann wart ihr zuletzt impulsiv und habt Herz über Kopf entscheiden lassen? Wir fällen als Band alle Entscheidungen danach, wie sich etwas anfühlt. Wir sind immer Herz- oder Bauchentscheider.
Ihr seid nach dem ersten Album 2,5 Jahre getourt. Was ist euch Spannendes auf der Tour durch die Staaten/Japan widerfahren? In Japan waren die Leute so still beim Konzert, dass es uns auf der Bühne verunsichert hat und wir das Gefühl hatten, dass die Musik den Leuten nicht gefällt. Hinterher hatten wir aber schöne Gespräche und haben gemerkt, dass die Stille eher ein Ausdruck von Respekt und Höflichkeit ist. In Amerika hingegen wird viel unmittelbarer auf die Texte reagiert, es ist eher wie ein langes Gespräch mit dem Publikum.
Wie schwer hat man es in einer von Männern dominierten Branche? Habt ihr mit Vorurteilen zu kämpfen? In unserem unmittelbaren Umfeld nicht, wir haben großes Glück mit unserem Team. In der Außenwahrnehmung habe ich manchmal das Gefühl, dass weiblichen Musikerinnen eher der Stempel aufgedrückt wird – Riot Girls oder Mädchenmusik. Mädchenmusik wird ja immer mit etwas niedlichem, harmlosen in Verbindung gebracht. Da würde ich mir manchmal weniger Schubladen und mehr Zwischentöne wünschen. Und ich glaube, dass es wichtig ist, Frauen dazu zu motivieren, Instrumente zu lernen und Songs zu schreiben. Weibliche Instrumentalistinnen sind leider nach wie vor etwas Exotisches.
Wie schwer war es, eine geeignete Plattenfirma zu finden und hättet ihr Majors abgelehnt? Als unser Manager eine erste Runde bei den Plattenfirmen machte, um unsere Songs vorzuspielen, bekamen wir nur Absagen. Wir waren mitten in der Produktion und haben trotzdem weiter- gearbeitet, weil wir selbst an die Musik glaubten. Am Ende war es gut, dass wir bei Grönland gelandet sind, weil es von Anfang an verstanden hat, worum es uns geht.
Was hat euch Herbert Grönemeyer für Ratschläge gegeben? Bevor wir anfingen, am zweiten Album zu arbeiten, meinte er, wir sollen uns keinen Druck machen und nicht das Gefühl haben, wir müssten irgend etwas reproduzieren oder toppen. Wir sollten einfach wieder etwas machen, womit wir glücklich sind. So etwas hört man natürlich selten von einem Labelchef, und da merkt man, dass er selbst Künstler ist und es ihm eher um Weiterentwicklung und Nachhaltigkeit geht als um den schnellen Erfolg.
Ihr macht schon seit 11 Jahren Musik. 2011 kam der Durchbruch. Ist es in der Branche entspannter, wenn man nicht ganz jung zu Ruhm kommt? Es hilft einem zu sehen, dass die Beurteilungen von außen immer relativ sind. Am Anfang meinten so viele, unsere Musik würde nicht funktionieren. Ein paar Jahre später sind wir mit genau dieser Musik unterwegs. Man sollte das tun, woran man selber glaubt und was einen glücklich macht. Sobald man irgendwem gefallen möchte, wird es schwierig.
© privat
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