© Oliver Betke
Club der toten Dichter
Club der toten Dichter mit Gastsängerin Katharina Franck
Sie sind selbst Songschreiberin. Mal nichts Eigenes zu singen, sondern die Vertonungen eines großen Dichters, hat auch was? Tatsächlich finde ich es sehr reizvoll, hier in erster Linie als Interpretin zu agieren. Meine künstlerischen Auffassungen kann ich deshalb ja trotzdem in das musikalische Gefüge einbringen. Ich habe mal keinen Druck, was neues tolles Eigenes zu machen, sondern kann zu etwas tollem Eigenen eines anderen Künstlers beitragen.
Sie waren schon 2010 bei der Hommage an Rilke als Gastsängerin im Club der toten Dichter involviert. Nun also Fontane, mussten Sie lange überlegen? Ja, allerdings aus familiären Gründen. Das Rilke-Projekt hatte ich noch in bester Erinnerung, auch die Konzerte seinerzeit und eigentlich dachte ich, das kann man doch nicht toppen. Letztlich hat mich jedoch der musikalische Ansatz des künstlerischen Leiters Reinhardt Repke überzeugt. Akkordeon und kleine Besetzung, das finde ich spannend und es passt gut zu meiner Stimme. Es ist musikalisch wieder etwas Neues, mit dem ich mich auseinandersetzen kann.
Zwar hatte schon Achim Reichel 1978 Fontane-Gedichte vertont, insgesamt taucht der berühmte Märker im Popmusikkontext doch eher selten auf. Auf jeden Fall viel weniger als Rilke, der schon lange als Popdichter gilt. Das liegt wohl auch daran, dass Fontane viele Jahrzehnte früher als der lebte. Seine Sprache wirkt in unserer heutigen Zeit etwas antiquiert, weshalb die Menschen gern glauben, dass sie in der Jetztzeit nicht funktionieren kann. Doch das tut sie! Man blickt ja oft in die Vergangenheit und denkt, das hörte sich früher alles so steif und verknurpselt an. Doch dann stellt sich heraus, dass sich die Leute damals eigentlich mit den selben Themen, Sorgen und Nöten beschäftigt haben wie wir heute.
Sie sind 2012 aus Berlin in die Nähe der Fontane-Stadt Neuruppin gezogen, reiner Zufall? An Fontane habe ich nicht gedacht, als ich hierher zog. Wie viele andere Musiker hatte mich die Situation in Berlin genervt, dass wegen Lärmproblemen oder steigender Mieten immer wieder Proberäume verloren gingen. An der Gegend um Neuruppin interessierten mich die Ruhe und natürlich die Landschaft. Und vielleicht habe ich ja mit der Muttermilch etwas von der Fontane-Begeisterung meiner Mutter aufgesogen. Sie hat viele Jahre in Eberswalde gelebt, und als sie mich anfangs hier besuchte, war sie sehr bewegt. Sie liebte Fontanes „Wanderungen“.
Inwiefern würden Sie, vielleicht, einen Zusammenhang zwischen Ihrem Lebensmittelpunkt und Ihrem Fontane-Projekt jetzt sehen? Nur insofern, als das alles irgendwie gut zusammen passt: Dass ich hier lebe und dass ich vielleicht auch deshalb erstaunlich schnell mit den Texten Fontanes zusammen fand. Ich kannte ja keineswegs alle Texte und Gedichte, die Reinhard Repke vertont hat. Aber sie kommen mir immer näher.
Bedingt durch die Arbeit Ihres Vaters sind Sie in Portugal und in Brasilien aufgewachsen, ehe Sie 1981 zurück nach Deutschland kamen. War Ihnen das berühmte „Herr von Ribbeck“-Gedicht schon früher ein Begriff? Den „Herrn von Ribbeck“ und den „John Maynard“, die ich auch auf dem Album interpretiere, werde ich schon als Kind gekannt haben, schon durch meine Mutter. Stärker in Erinnerung ist mir jedoch „Effi Briest“. In Portugal bin ich mit meiner Mutter oft ins Kino gegangen und wir haben die Verfilmung von Fassbinder gesehen. Für mich war Fontane früher immer der Schriftsteller von „Effi Briest“, weniger ein Dichter. Da habe ich durch den Club der toten Dichter jetzt einiges neu entdeckt.
Song-Lyrics kennt heute fast jeder Schüler, aber Lyrik in Gedichtform gilt den wenigsten als Popkunst. Wollen Sie helfen das zu ändern? Warum nicht. Im Grunde könnte man alle sechs bisherigen Dichtervertonungen im Rahmen des „Club“-Projekts zum Schulstoff machen. Ich glaube, dass sich Schüler die Texte leichter merken würden, weil sie in tolle Melodien gepackt sind. Mir geht es jedenfalls so. Bei Fontanes Texten hatte ich es auch nicht gedacht, dass mir das so leicht fallen würde.
Viele ältere Musikhörer kennen Sie noch als Sängerin der Rainbirds, die 1987 mit „Blueprint“ einen Riesenhit hatten, der offensichtlich die Zeit überdauert. ... ja, er ist sozusagen meine „Effi“. (lacht)
Wünschen Sie sich, dass der Song von anderen Musikern ebenso weiter getragen wird wie Fontanes Lyrik? Es sind ja ein paar Coverversionen in der Welt. Manchmal bin ich selbst überrascht, was auf es YouTube gibt oder was mir einige Leute gelegentlich sogar schicken. Aber ich glaube, ich kann sagen: Der größte Hit ist immer noch unser Original.
Zur Veranstaltung: Club der toten Dichter mit Katharina Franck , 14.4.
© HL Böhme
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